Mouth Taping: Studie warnt vor Risiken von zugeklebtem Mund

Mund-Zukleben: Ein kanadisches Forschungsteam mahnt zur Vorsicht. (Illustration)
Mund-Zukleben: Ein kanadisches Forschungsteam mahnt zur Vorsicht. (Illustration) Foto: Christoph Soeder/dpa
Beim Schlafen einfach den Mund zukleben – das soll nach Auskunft von sozialen Medien gegen Schnarchen helfen und zu besserer Konzentration führen. Diese Thesen haben Forscher nun geprüft.

Die Praxis soll für erholsamen Schlaf sorgen und schlafbezogene Atmungsstörungen vermindern. Zudem soll sie Schnarchen, Mundtrockenheit und Mundgeruch eindämmen, gegen Tagesmüdigkeit und Konzentrationsprobleme helfen und sogar gegen Falten im Gesicht: Seit Jahren empfehlen manche Influencer und auch Prominente – darunter der norwegische Fußballstürmer Erling Haaland – unter anderem in sozialen Medien das sogenannte Mouth Taping. Dabei sollen ein Pflaster, Klebeband oder spezielle Tapes den Mund verschließen und so dafür sorgen, dass Menschen bei der Nachtruhe stattdessen durch die Nase atmen.

Aber hilft das tatsächlich? Nach der Auswertung von zehn Studien mit insgesamt 213 Teilnehmern mahnt ein kanadisches Forschungsteam im Fachjournal «PLOS One» zur Vorsicht. «Das Zukleben des Mundes ist eine aktuelle Praxis, die oft von Berühmtheiten beworben wird, aber nicht unbedingt wissenschaftlich untermauert ist», schreibt die Gruppe um den Hals-Nasen-Ohren-Mediziner Brian Rotenberg vom London Health Sciences Centre in der kanadischen Stadt London (Provinz Ontario). «Viele Menschen eignen sich nicht für Mouth Taping, und in manchen Fällen kann dies zu ernsthaften Gesundheitsgefahren führen.»

Hilfe gegen Atemaussetzer und Schnarchen

Helfen soll die Praxis unter anderem gegen die weit verbreitete obstruktive Schlafapnoe: Dabei erschlafft beim Schlafen – insbesondere in Rückenlage – die Schlundmuskulatur, der Zungengrund sinkt zurück und verengt die Atemwege. Dieses Hindernis kann nicht nur Schnarchen verursachen, sondern auch nächtliche Atemaussetzer – oft Dutzende pro Stunde. Die mindern die Sauerstoffversorgung des Blutes und lösen auch Weckreaktionen aus, die den Schlaf beeinträchtigen und die Tagesschläfrigkeit steigern.

In der nun veröffentlichten Analyse deuteten zwei der zehn analysierten Studien darauf hin, dass das Zukleben des Mundes manchen Menschen mit einer leichten obstruktiven Schalfapnoe etwas helfen könne. Doch vier der Untersuchungen zeigten Risiken – insbesondere dann, wenn die Nase verstopft ist. Dies könne der Fall sein etwa bei chronischem Schnupfen, Heuschnupfen, Entzündungen der Nasennebenhöhlen oder Problemen der Nasenscheidewand, schreibt die Forschungsgruppe.

Ist bei einer beeinträchtigten Nasenatmung dann auch der Mundweg versperrt, drohe ernsthafter Sauerstoffmangel. Darüber hinaus nennt das Team noch eine weitere Gefahr: Im Falle von Zurückströmen könne Mageninhalt den Rachenraum nicht verlassen und die Atemwege versperren.

Sehr kleine Studien

«Insgesamt scheint das Social-Media-Phänomen des Mund-Zuklebens als Mittel gegen Mundatmung auf schwacher Evidenz zu basieren», folgert das Team. Nachteilige Effekte drohten vor allem jenen Menschen, bei denen die Mundatmung die Folge einer behinderten Nasenatmung sei.

Allerdings räumt das Team ein, die wenigen ausgewerteten Studien seien sehr klein und unterschiedlich, die Daten insgesamt von geringer Qualität. Letztlich seien bessere Studien erforderlich, um die Sicherheit und Effizienz des Mouth Tapings abschließend beurteilen zu können. Angesichts der aktuellen Datenlage könne man die Praxis Menschen mit schlafbezogenen Atmungsstörungen nicht empfehlen. (dpa/cw)

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