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Nachhaltig investieren: „Wir schauen in China besonders gut hin“

Foto: FUENF6/Lena Kirchner
Foto: FUENF6/Lena Kirchner
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Grün anlegen in den Schwellenländern? Geht das? Ja – wenn wir bereit sind, uns auf ein paar Kompromisse einzulassen. Verena Kienel ist Co-Chefin des Nachhaltigkeits-Research bei der Fondsboutique Ökoworld. Wie sie in den Schwellenländern grün investiert, erklärt sie im Interview.

Courage: Frau Kienel, wie definieren Sie Nachhaltigkeit?

Verena Kienel: Es gibt keine allgemeingültige Definition von. Das sieht man etwa an der EU-Taxonomie und der Frage nach der Atomenergie. Einfacher scheint es mir zu definieren, was nicht nachhaltig ist: Dazu gehören aus unserer Sicht Investitionen in Waffen und Rüstung, fossile Energien, Chlorchemie, Kinderarbeit et cetera. Bei Ökoworld sind auch Unternehmen mit vermeidbaren Tierversuchen und die gesamte Atomwirtschaft tabu. Zudem erwarten wir einen positiven Beitrag der Produkte für eine nachhaltige Gesellschaft. Rheinmetall wäre auch nicht investierbar, wenn sie ihre Panzer mit Batterien betreiben würden.

Auf welche Probleme stoßen Sie, wenn Sie in den Schwellenländern nach grünen Investments suchen?

Bei der Unternehmensauswahl in den Emerging Markets gelten für uns dieselben Kriterien wie in Europa oder in den USA. Ein Problem ist die nicht standardisierte Berichterstattung und die Datenverfügbarkeit. Schon in den entwickelten Industrienationen gibt es da Unterschiede. Frankreich und Skandinavien sind vorbildlich, in Deutschland und den USA ist die Berichterstattung magerer. Unternehmen aus den Schwellenländern liegen meist noch weiter dahinter. Bei kleineren Firmen wird zudem oft nicht auf Englisch berichtet. Dann müssen wir nachfragen. Erfreulicherweise antworten die Unternehmen auch.

Sind die Kriterien wirklich kontrollierbar?

Die Ausschlusskriterien sind überall kontrollierbar. Problematischer ist die Beurteilung der Lieferketten. Aber das gilt auch für europäische Unternehmen, die etwa in Asien produzieren. Man kann mitunter nicht alle Probleme ausschließen. Wir besuchen daher viele Unternehmen auch vor Ort.

Stichwort Governance: Können Firmen in Ländern wie China echt nachhaltig sein?

Das ist eine komplizierte Frage. Vom Produkt- beziehungsweise Dienstleistungsangebot her schon. Wir schauen in China aber besonders gut hin und investieren wegen der Menschenrechtsverletzungen in Tibet und bei den Uiguren nur in Unternehmen, die dort keine Produktionsstätten haben. Und wenn der Staat einsteigt oder das Risiko von Menschenrechtsverletzungen hoch ist, steigen wir vorsichtshalber aus – so vor Kurzem bei zwei Unternehmen aus der Solarbranche.

Nachhaltige Schwellenländer-ETFs sind in der Regel weit günstiger als aktive Fonds. Warum soll man dann Ihre Fonds kaufen?

Nachhaltige ETFs sind ein Schritt in die richtige Richtung. Bei vielen Produkten erschließt sich aber nicht, warum sie das ESG-Kürzel haben. Oft werden nur kontroverse Waffen ausgeschlossen und dann nach dem Best-in-Class-Modus ausgewählt. Das heißt: Aus jeder Branche kommen die „saubersten“ Unternehmen ins Portfolio. Das reicht aus meiner Sicht nicht wirklich aus. (ag)

Den ganzen Artikel zum Thema „Nachhaltig Investieren“ findet ihr in der Courage 04/23.

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