Staufen (dpa/tmn) – Der vermeintliche Weinkenner in einer Runde fällt dadurch auf, dass er das Glas vor dem Trinken schön lange und ausdrucksvoll schwenkt, um gerade bei Rotwein die Aromen durch Sauerstoffkontakt zu intensivieren und den Wein durch mehr Luft zu «öffnen». Oft sieht man das Ritual aber auch bei Leuten, die vor dem Nippen von Grappa, Obstler und Co. das Gläschen hin und her schwenken. Dann ist aber klar: Hier ist ein absoluter Nichtkenner am Werk.
«Einen Obstler schwenken, sollte man aber auf gar keinen Fall tun», sagt Obstbrenner Johannes Kolonko aus dem Markgräflerland südlich von Freiburg. Denn im Gegensatz zu Wein macht das Schwenken des Glases bei Hochprozentigem keinen Sinn. «Da Alkohol flüchtig ist, verdunstet er durch das Schwenken nur», erklärt der Fachmann. Er schätzt, dass man durch dieses sinnlose Ritual bis zu 10 Prozent Alkohol versch(w)enkt.
Aromen bräuchten bei hochprozentigen Spirituosen auch nicht herausgekitzelt werden, die seien bereits hochkonzentriert vorhanden. Wer es nicht lassen kann, dem rät Kolonko, das Glas höchstens zu drehen.
Wann ein Obstler wirklich ein Obstler ist
Der Obstbrenner hat noch einen Tipp: Bei der Verkostung von einem Obstler sollte man vor dem Trinken auch nicht groß am Glas einatmen. «Sonst brennt’s nur in der Nase», erklärt Johannes Kolonko und klärt noch einen weit verbreiteten umgangssprachlichen Irrtum auf: «Nicht jeder Schnaps aus Obst wird Obstler genannt. Der Begriff trifft korrekterweise nur zu, wenn der Obstler aus Apfel oder Birne gemacht wird.» Kolonko gibt übrigens gern auch noch etwas Traube hinzu.
Ein Mirabellenschnaps etwa sei eben kein Obstler, da er aus Steinobst hergestellt wird. «Und aus Steinobst darf kein Obstler gemacht werden», so der Fachmann.



