Pflichtversicherung – ja oder nein?

Foto: Andrii Yalanskyi/AdobeStock
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Liebe Leserin, lieber Leser,

die Bilder wiederholen sich, an sie gewöhnen mag ich mich nicht. Zum Jahreswechsel Überschwemmungen im Norden, zu Pfingsten versank das Saarland in den Fluten – und nun hat es den Süden der Republik erwischt. Sind das bereits die Folgen des menschengemachten Klimawandels?

Fest steht: Starkregenfälle und Überflutungen – das Thema begleitet uns schon länger. Nur einige Beispiele: Heftige Regenfälle, Unwetter und Orkane verursachten im Februar 1990 Chaos insbesondere in Bayern und Baden–Württemberg sowie dem heutigen Sachsen. 18 Menschen starben. Neun Menschen verloren im Dezember 1993 ihr Leben, als ein Orkan zu heftigen Schäden und Hochwasser im Westen des Landes führte. Viele haben auch noch die Bilder des Oderhochwassers aus dem Juli 1997 vor Augen. Zwei Deiche brachen, zehntausende Bundeswehrsoldaten mussten bei den Aufräumarbeiten helfen. Sechs Menschen starben zudem 1998 nach einem Orkantief im Hochwasser. Im August 2002 brachen nach sintflutartigem Regen zahlreiche Dämme entlang der Elbe in Sachsen – mehr als 20 Menschen kamen ums Leben. Und im Juli 2021 verwüsteten Erdrutsche und Überschwemmungen nach einer langen Regenperiode Gebiete in Nordrhein–Westfalen und Rheinland–Pfalz (Ahrhochwasser), wobei mehr als 100 Menschen ums Leben kamen. Die Naturkatastrophe wird als eine der folgenschwersten in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg betrachtet. 

Die Versicherer haben sich deshalb früh mit dem Thema beschäftigt. Seit 1997 arbeiten sie mit einem von Jahr zu Jahr verfeinerten „Zonierungssystem für Überschwemmungsrisiko und Einschätzung von Umweltrisiken“ (ZÜRS). Dort sind mittlerweile über 22,2 Millionen Adressen in Deutschland erfasst, jede dieser Adressen ist einer der vier Gefährdungsklassen zugeordnet, auf deren Basis die Prämien für Elementarschädenversicherung kalkuliert werden. Die gute Nachricht: Mehr als 92,4 Prozent der Adressen sind nicht von Hochwasser bedroht. Zusammen 7,2 Prozent müssen in Gefährdungsstufe 2 und 3 alle paar Dekaden mit einem Extrem-Hochwasser rechnen. Nur 0,4 Prozent der Adressen sind – statistisch – alle zehn Jahre von einem Hochwasser bedroht. Die bittere Wahrheit: Diese Gebäude sind nicht versicherbar. Sollen Leute nun diese Standorte aufgeben? Wer kommt für den Wiederaufbau auf? 

Im Schadensfall wird schnell der Ruf nach dem Staat bzw. den Ländern laut. Tatsächlich ist nur jeder zweite Immobilienbesitzer bzw. jede zweite Immobilienbesitzerin gegen Elementarschäden versichert. Ich gebe zu: Auch ich habe keinen solchen Versicherungsschutz. Nach dem Hochwasser im Ahrtal hatte ich kurz überlegt, so eine Police für meine (vermietete) Immobilie abzuschließen. Aber die Angebote waren so teuer, das hätte ich nie auf meine Mieter umlegen wollen und können. Und am Ende habe ich natürlich darauf spekuliert, dass der Staat oder das Land die Schäden übernimmt. Oder aber, dass die Direktive kommt: Jeder und jede, der oder die eine Immobilie besitzt, ist selbst zur Absicherung verpflichtet.

Mit jedem weiteren Jahrhunderthochwasser wächst der politische Druck. Was hältst du von einer Pflichtversicherung? Ich freue mich auf deine Einschätzung in den Kommentaren oder in der Umfrage.

Birgit Wetjen
Chefredakteurin Courage

Sollen Immobilienbesitzer verpflichtet werden, die Hochwasserschäden selbst zu tragen?
  • Wir brauchen eine Pflichtversicherung, die für alle finanzierbar ist. 62%, 39 Stimmen
    39 Stimmen 62%
    39 Stimmen - 62% aller Stimmen
  • Ich bin dagegen, dass die Hochwasserschäden vom Steuerzahler und damit auch von denjenigen bezahlt werden, die gar keine Immobilien besitzen. 22%, 14 Stimmen
    14 Stimmen 22%
    14 Stimmen - 22% aller Stimmen
  • Eigentum verpflichtet, da ist jeder selbst in der Verantwortung! 13%, 8 Stimmen
    8 Stimmen 13%
    8 Stimmen - 13% aller Stimmen
  • Wer Geld für Versicherungsschutz ausgibt, ist der Dumme. Wer keine Police hat, bekommt sowieso Geld vom Staat. 3%, 2 Stimmen
    2 Stimmen 3%
    2 Stimmen - 3% aller Stimmen
Abstimmungen insgesamt: 63
7. Juni 2024
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