Am Ende hat es also doch gereicht: Die schwarz-rote Regierung brachte am heutigen Freitag ihr Rentenpaket im Bundestag durch. Dass die Linke vorher angekündigt hatte, sich zu enthalten, hat sicher mitgeholfen. So kam es auf die Abweichler in der Unionsfraktion nicht mehr an, ihre Stimmen waren für das Ergebnis nicht mehr entscheidend. Enthaltungen werden bei der Berechnung einer einfachen Mehrheit im Bundestag nicht mitgezählt. Es werden also nur die Ja-Stimmen gegen die Nein-Stimmen gewertet.
Bei den achtzehn jungen Abgeordneten aus der sogenannten Jungen Gruppe der beiden Unionsparteien muss man sich gleichwohl bedanken: Ihrem Widerstand der vergangenen Wochen ist geschuldet, dass in der Öffentlichkeit – endlich – über die besondere Belastung der jungen Generation bei der Festschreibung des Rentenniveaus in einer alternden Gesellschaft gesprochen wird. Wie man hört, waren sie bis zur Entscheidung der Linken, sich zu enthalten, erheblichem Druck ausgesetzt. Es ist ihnen hoch anzurechnen, dass sie nicht einknickten, als der Fraktionsvorsitzende Jens Spahn sie ins Gebet nahm: Es ist ein gutes Zeichen, dass Überzeugungen stärker sein können als der von Spahn für die Zukunft in Aussicht gestellte Verlust sicherer Listenplätze und damit verbundener opulenter Abgeordneten-Diäten.
Eine Frage drängt sich nach diesen turbulenten Tagen auf: Wo waren eigentlich die jungen Abgeordneten der SPD? Den Sozialdemokraten ist Gerechtigkeit doch sonst immer so wichtig. Gilt das für die Generationengerechtigkeit nicht? Oder haben sie gar nicht verstanden, worum es den jungen Leuten in der Union ging und weiter geht? Der Juso-Bundeskongress am vergangenen Wochenende in Mannheim ließ diese Vermutung zumindest aufkommen. Dort wurde wieder behauptet, man müsse Rentenkürzungen verhindern.
Mit dem Wort Kürzung Angst zu schüren, ist allerdings mehr als manipulativ, denn beim aktuellen Streit geht es nicht um Kürzungen, sondern um die Frage, ab welchem Niveau der sogenannte Nachhaltigkeitsfaktor in Zukunft greifen soll. Dieser dämpft weitere Rentenerhöhungen, um der jungen Generation einen kleinen Teil der Last aus der demographischen Entwicklung abzunehmen – Rentenkürzungen standen und stehen überhaupt nicht auf der Tagesordnung, sondern nur eine Begrenzung künftiger Erhöhungen.
Kürzungen könnten indes unausweichlich werden, wenn die Politik eine nachhaltige Reform der gesetzlichen Rentenversicherung weiter verschleppt. Schon heute beträgt der Bundeszuschuss zur Rente mit rund 120 Milliarden Euro fast ein Viertel des gesamten Bundeshaushalts. Mehr geht nicht – und dann droht irgendwann einzutreten, was die Jusos als Gespenst an die Wand mahlen.
Der Rentenkompromiss, auf den sich Kanzler Friedrich Merz mit den SPD-Vorsitzenden Bärbel Bas und Lars Klingbeil eingelassen hat, ist eine Beruhigungspille für ältere Wähler, die auf Kosten der Jungen erkauft wird. Es war richtig, dass die Abgeordneten der Jungen Gruppe gegen diese unverantwortliche Politik mobil machten. Dass sich Merz nun auf den Tolerierungs-Deal mit der Linken eingelassen hat, um den Koalitionsfrieden zu retten, stellt ihm ein miserables Zeugnis aus – auch wenn er am enden die Kanzlermehrheit erreicht hat. Wenn er, wie er – und sogar der eine oder andere führende Sozialdemokrat – immer wieder beteuert, selbst die Notwendigkeit einer Reform sieht, dann müsste man sie doch sofort in Angriff nehmen und nicht erneut aufschieben.
Ich gebe zu: Ich bin beeindruckt. Die jungen Abgeordneten der Union haben gezeigt, dass Haltung, Mut und Verantwortungsbewusstsein keine leeren Worte sein müssen. Dass man sich dem Druck widersetzen kann – und dass Politik noch immer von Menschen geprägt wird, die für etwas stehen.
Wir könnten uns alle ein Beispiel daran nehmen. Ihr Einsatz macht deutlich, dass Veränderung möglich ist. Und ja: Es gibt Raum für Optimismus.
