Traurig genug. So richtig aus der Übung gekommen sind viele Deutsche in Sachen Antisemitismus ja nie. Auf den Straßen der Hauptstadt brennen Israel-Flaggen, jüdische Studenten werden – dafür, dass sie jüdisch sind – krankenhausreif geschlagen. Und einen Davidstern oder Kippa in der Öffentlichkeit zu tragen, wird zur ultimativen Mutprobe.
An den größten Mord an Juden seit der Schoa, am 07. Oktober 2023, schloss sich der Gaza-Krieg an. Jetzt sieht es aus, als käme Bewegung in die Friedensbemühungen westlicher Staaten. Durch einen 20 Punkte umfassenden Plan für die Situation im Gaza-Streifen unter der Federführung von US-Präsident Donald Trump.
Dieser sieht zum einen vor, dass alle verbleibenden und seit zwei Jahren von der Hamas in Gefangenschaft gehaltenen Geiseln nach Hause kommen – sowohl die überlebenden als auch die toten. Ein Tausch gegen die Freilassung palästinensischer Häftlinge in Israel. 47 gegen 2000. Auch ein Abzug israelischer Truppen ist Bedingung – allerdings erst nachdem die Entwaffnung der Hamas sichergestellt wurde, versteht sich. Eine Zweistaatenlösung steht bislang noch in den Sternen.
Ich hadere mit dem Wort Friedensplan. Ich würde gerne mit journalistischer Grandezza über diesen vielleicht historischen Durchbruch in den Verhandlungen schreiben. Ob Donald Trump dafür den Friedensnobelpreis im nächsten Jahr bekommt – hin oder her. Einer guten Idee ist schließlich egal, woher sie stammt.
Doch es gelingt mir nicht. Nicht, wenn sich der Antisemitismus ungeachtet der mittlerweile nur noch als leere Worthülse fungierenden „deutschen Staatsräson“ wie Giftgas verbreitet und in jede Ritze kriecht, sich in den Universitäten und den sozialen Medien längst festgekrallt hat und nicht mehr abzuschütteln ist. Treffen sich ein Nazi, ein Antifant und ein Islamist. Was haben sie gemeinsam? Sie hassen Juden.
Wie soll man also an einen Frieden glauben? Wie viel ist er wert?
Ich weiß, an dieser Stelle erfolgt ein tiefes Einatmen, während sich der Zeigefinger langsam zum Gegenargument in die Höhe reckt. „Aber“ – ja, es stimmt. Israel ist ein Staat wie jeder andere und sollte, ja muss in einem demokratischen Prozess sogar, kritisiert werden dürfen. Für sein Verhalten im Gaza-Krieg, für seine Siedlungspolitik im Westjordanland (die fälschlicherweise gerne mit dem palästinensischen Intermezzo gleichgesetzt wird), von mir aus auch für seine Regierung unter Benjamin Netanjahu. Zentral ist hier aber: Israel ist ein Staat wie jeder andere. Und er ist nun einmal die einzige Heimat, die Juden haben.
Wer im Hass auf Juden seinen Protest gegen Israel sucht, hat nie verstanden, was beides unterscheidet. Und wer in Deutschland lebt und schweigt, wenn er ihn hört, ist kein Zuschauer, sondern Komplize.
Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf.
Alexa Gräf
Redakteurin Courage