Jaclyn Schnau ist Geschäftsführerin des Babynahrung-Startups „Pumpkin Organics“. Das Unternehmen stellt Bio-Snacks für Babys und Kleinkinder her. Gesund soll es sein, organisch, mit viel Gemüse und möglichst wenig Fruchtzucker. Die ersten Produkte brachte das junge Unternehmen Ende 2017 auf den Markt. Mit ihrer Idee trifft Jaclyn auf einen Nerv der Zeit: Immer mehr Menschen interessieren sich dafür, was sie eigentlich essen. Und ihr Unternehmen wächst. Ihre Produkte sind sowohl im Lebensmittelhandel, als auch online erhältlich.
Mit Deinem Unternehmen stellst Du Bio-Gemüse-Quetschies, Bio-Snacks und mehr her. Und trittst damit gegen die Big Player an. Der Babynahrungshersteller Hipp zum Beispiel bietet auch alles in Bio und ohne zugesetzten Zucker an. Ist das ein Kampf David gegen Goliath?
In gewisser Weise fühlt es sich tatsächlich an wie David gegen Goliath, aber ich glaube, dass uns unsere Größe und unsere Agilität einen echten Vorteil verschaffen. Die großen Player wie Hipp gibt es schon seit Jahrzehnten, aber wir gehen die Baby- und Kinderernährung aus einer frischen Perspektive an – eine, die die Normen infrage stellt. Was uns unterscheidet, ist unsere Mission: Wir sind nicht einfach ein weiterer Hersteller von Bio-Babynahrung. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, die Entwicklung der Geschmacksvorlieben von Kindern von Anfang an neu zu definieren. Viele traditionelle Baby-Nahrungsmittel – selbst Bio-Produkte – beinhalten immer noch zu viel süße Früchte und fördern damit eine Vorliebe für Zucker. Bei Pumpkin Organics drehen wir den Spieß um, indem wir uns auf echtes, nährstoffreiches Gemüse und innovativen Geschmack konzentrieren, um Kindern früh die Liebe zu gesunder Ernährung zu vermitteln. Natürlich ist es nicht einfach, mit den großen Playern zu konkurrieren, aber Leidenschaft und Zielstrebigkeit treiben uns an. Eltern informieren sich immer bewusster darüber, was sie ihren Kleinen zu essen geben, und genau da glänzen wir. Wir sind nicht einfach eine weitere Bio-Marke – wir führen eine Food-Revolution an.
Eltern wollen naturgemäß nur das Beste für ihr Baby. Wie kannst Du deren Vertrauen gewinnen?
Ich verstehe vollkommen, dass Vertrauen alles ist, wenn es um die Ernährung unserer Kleinen geht. Eltern wollen sicherstellen, dass sie die besten Entscheidungen treffen, und deshalb setzen wir bei Pumpkin Organics auf volle Transparenz und Aufklärung. Erstens kommunizieren wir ehrlich, was in unseren Produkten drin ist und – ebenso wichtig – was nicht. Keine versteckten Zucker, keine unnötigen Zusatzstoffe – nur echte Bio-Zutaten, die die gesunde Entwicklung des Geschmackssinns von Anfang an unterstützen. Zweitens klären wir Eltern darüber auf, warum frühe Ernährung so wichtig ist. Viele wissen nicht, dass sogar Bio-Babynahrung noch zu süß sein kann, was lebenslange Geschmacksvorlieben beeinflusst. Und schließlich hören wir zu. Wir treten aktiv mit unserer Community in Kontakt und beantworten Fragen. Vertrauen wird nicht über Nacht aufgebaut, wir verdienen es uns jeden Tag.
Wie teuer sind die Produkte im Vergleich? Ist es ein finanzielles Thema, sich gesund zu ernähren?
Bei Pumpkin Organics sind wir auch Eltern. Wir wissen, wie schwer es ist, Kinder zu einer gesunden Ernährung zu bewegen, und wir wissen auch, dass jeder Euro zählt. Besonders in der heutigen Zeit. Inflation, steigende Kosten – das sind echte Belastungen für Familien. Ja, unsere Produkte mögen etwas teurer als einige konventionelle Optionen sein, aber im Vergleich zu anderen Bio-Baby- und Kinderlebensmittelmarken sind wir sehr wettbewerbsfähig. Außerdem setzen wir auf hochwertiges Bio-Gemüse: echte Ernährung ohne billige Füllstoffe, Zuckerzusätze oder künstliche Zutaten. Zuckerhunger und unnötiges Snacken werden dadurch reduziert, was wiederum langfristig tatsächlich Geld sparen kann.
Investoren wie Unternehmerin Tijen Onaran und Schauspielerin Wolke Hegenbarth glauben an dich. 2023 kamen in einer neuen Finanzierungsrunde 4,3 Millionen Euro zusammen. Wie sind diese auf dich aufmerksam geworden und wie konntest du die Investoren überzeugen?
Der Aufbau von Pumpkin Organics war immer mehr als nur der Verkauf von Produkten: Es geht darum, echten Wandel in der Ernährung unserer Kinder zu bewirken. Investoren wie Tijen Onaran und Wolke Hegenbarth haben diese Mission früh erkannt. Wolke war schon Kundin, bevor wir in Kontakt gekommen sind. Investoren zu überzeugen – das geht nie nur mit Zahlen. Es geht um Vision, Ausführung und den Nachweis, dass das, was man tut, bei den Konsumenten ankommt. Unser Fokus auf Gemüse, die Reduzierung der Zuckerabhängigkeit und die Gestaltung gesünderer Geschmacksvorlieben war etwas, das die Branche zu lange übersehen hatte. Unsere Finanzierungsrunde von 4,3 Millionen Euro im Jahr 2023 war nicht nur eine Kapitalaufnahme; es ging darum, die richtigen Partner zu gewinnen, die unsere Überzeugung teilen. Investoren sahen unser Engagement, unsere Marktwirkung und unsere langfristige Strategie. Das hat den Unterschied gemacht.
Dein Ehemann Florian ist mittlerweile auch ins Unternehmen eingestiegen und hat seinen gut bezahlten Job aufgegeben. War es bei den Investorengesprächen ein Vorteil, dass dein bzw. ein Mann mit an Bord ist?
Florians Entscheidung, seinen gut bezahlten Job im Private Equity zu kündigen und als Co-CEO zu Pumpkin Organics zu wechseln, war nicht nur eine persönliche Verpflichtung. Dieser Schritt sendete eine klare Botschaft an unsere Investoren. Sie zeigte, dass wir beide voll und ganz hinter unserem Unternehmen und unseren Zielen stehen. Investoren gehen in der Regel vorsichtig mit Gründerpaaren um, aber in unserem Fall sahen sie zwei hochqualifizierte HBS-Absolventen, die die Feinheiten des Geschäfts verstehen und sich dem Wachstum des Unternehmens verschrieben haben. Natürlich ist Florians Hintergrund im Private Equity ein großer Vorteil gewesen. Seine Finanzkenntnisse haben erheblichen Einfluss darauf, „wie“ wir das Pumpkin Organics führen. Unser Reporting, zum Beispiel, erfolgt mit der gleichen Detailgenauigkeit und Präzision, die man von einem Unternehmen mit 500 Millionen Euro Umsatz erwarten würde. Dieses Maß an Professionalität und Sorgfalt war ein entscheidender Faktor beim Aufbau des Investorenvertrauens. Sie wissen, dass wir nicht einfach ein Startup führen, sondern ein ernsthaftes, langfristig ausgerichtetes Unternehmen aufbauen.
Mit Investoren an Bord – hat sich dadurch etwas geändert? Gibt es einen Druck für schnelleres Wachstum?
Ja, natürlich! Seitdem Investoren an Bord sind, hat sich einiges geändert. Die Erwartungen an schnelleres Wachstum sind real, denn Investoren suchen nach Renditen, und wir sind entschlossen, diese zu liefern. Aber es sind nicht nur die Investoren, die hohe Erwartungen haben. Auch viele Freunde und Familienmitglieder haben in Pumpkin Organics investiert. Wenn wir also nicht erfolgreich sind, wird das Weihnachtsessen sehr einsam! Trotzdem fühlt sich dieser Druck nicht wie eine Last an – er ist eine motivierende Kraft. Schnelles Wachstum ist Teil des Spiels, und wir sind bereit, mitzuspielen!
Du bist Kanadierin und der Liebe wegen nach Deutschland gezogen. Ist es in Kanada einfacher, sich als Frau selbständig zu machen?
Ob es einfacher ist, ein Unternehmen in Kanada zu gründen, weiß ich nicht, da ich es dort nicht selbst erlebt habe. Eine Firma als Frau in Deutschland zu gründen ist hart, und wenn man dann noch Mutter von zwei kleinen Kindern ist, wird es noch schwieriger. Kinderbetreuung in Deutschland ist teuer und oft nicht flexibel genug, um allen beruflichen Anforderungen gerecht zu werden. Ich empfinde die Infrastruktur zur Unternehmensgründung in Deutschland als sehr bürokratisch. Die Steuergesetze, Arbeitsvorschriften und Fundraising-Prozesse sind komplex. Die rechtlichen Anforderungen können durchaus entmutigend sein.
Hast Du den Eindruck, dass männliche Gründer es beim Fundraising leichter haben?
Ja. Die Daten sind eindeutig – von Frauen geführte Start-ups erhalten deutlich weniger Finanzierungen als solche, die von Männern geführt werden. Aber abgesehen von den Zahlen, habe ich die Voreingenommenheit am eigenen Leib erfahren. Während männlichen Gründern oft aufgrund ihres Potenzials vertraut wird, müssen Frauen jedes Detail beweisen und ihre Ambitionen rechtfertigen. Und wenn du Mutter bist, wird die Kluft noch größer. Investoren hinterfragen (subtil) dein Engagement. Männliche Gründer mit Kindern werden als verantwortungsbewusster und stabiler wahrgenommen werden, als jemand, auf den man „setzen kann“. Mir wurde schon die Frage gestellt: „Wie wirst du Pumpkin Organics mit kleinen Kindern managen?“ Während niemand die Fähigkeit eines Vaters infrage stellt, ein Unternehmen zu führen. Veränderung passiert, aber zu langsam. Deshalb brauchen Gründerinnen – vor allem Mütter – Resilienz, Verbündete und ein starkes Netzwerk. Wenn es in den Augen mancher Investoren ein „Risiko“ ist, Mutter zu sein, setzen sie auf die falsche Zukunft.
Essen und seine Herkunft war Dir schon immer wichtig. Woher beziehst Du die Zutaten für Pumpkin Organics?
Ich bin in Saskatchewan aufgewachsen, einer landwirtschaftlich geprägten Region. Meine Liebe zu gesunder Ernährung begann zu Hause in unserer Küche, wo meine Eltern und Großeltern frische, vollwertige Zutaten priorisierten. Diese frühe Grundlage prägte mein Engagement. Wenn es um die Beschaffung der Zutaten für unsere Produkte geht, setzen wir auf Qualität und Nachhaltigkeit. Wir arbeiten mit vertrauenswürdigen, zertifizierten Bio-Bauern und Lieferanten zusammen, die unsere Werte teilen, um sicherzustellen, dass jede Zutat, die wir verwenden, den hohen Standards entspricht, die wir für unsere Produkte definieren.
Bekommen Eure Kinder wirklich kein Eis oder Schokolade?
Wo habt ihr das denn gehört? Meine Kinder lieben Eis, Schokolade und Gummibärchen. Ehrlich gesagt, ich auch. Es ging nie darum, das, was sie essen, zu beschränken. Viel wichtiger ist mir, eine solide Grundlage für gesunde Essgewohnheiten zu schaffen. Gesundes Essen ist die Norm, aber hin und wieder etwas Süßes gehört einfach dazu.