Berlin (dpa/tmn) – Eine schlüsselfertige Immobilie zum Festpreis: Das klingt für viele Bauherren wie ein Rundum-sorglos-Paket. Ein Festpreis sei aber oft trügerisch, sagt Fachanwalt Tobias Hullermann von der Arbeitsgemeinschaft Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltsverein. «Er garantiert nur dann Planungssicherheit, wenn der Bau in der vereinbarten Zeit der Festpreisvereinbarung fertiggestellt wird, es keine unerwarteten Verzögerungen gibt und sich die vereinbarte Bauleistung nicht ändert.» So gehen Bauherren vor, um Fallstricke möglichst zu umgehen.
1. Gut planen
Eigentlich wäre ein Balkon doch ganz nett. Und Holzfenster würden mit ihrer natürlichen Optik besser zum Parkettboden passen: Vielen Bauherren fällt erst während des Baus ein, was sie an Bauleistungen noch gern ändern würden. Kein Wunder, immerhin müssen innerhalb kürzester Zeit Hunderte von Planungsentscheidungen getroffen werden und viele Bauvorhaben stehen unter erheblichem Zeitdruck.
«Jede dieser nachträglichen Änderungen bezahle ich aber teuer», sagt Erik Stange, Sprecher des Bauherren-Schutzbundes. Einmal, weil die zusätzlichen Leistungen im ursprünglichen Bauvertrag nicht berücksichtigt waren. «Hinzu kommt, dass sich dadurch der Bau insgesamt häufig verzögert, weil umgeplant werden muss, man auf Material oder Handwerker warten muss», so Stange weiter. Darum gilt: Gute Planung ist wesentlich, um bei den Baukosten später keine böse Überraschung zu erleben.
2. Bauleistungsbeschreibung gewissenhaft prüfen
Es reicht aber nicht, dass der Bauherr weiß, dass er einen Balkon haben möchte. Welches Material es dazu genau braucht und wie viel Arbeitszeit, welche Qualität die Fliesen haben sollen – all das wissen nur Experten. Und die halten es in der sogenannten Bauleistungsbeschreibung fest.
«Das Problem ist, dass sehr viele Bauherren heute ein neues Haus kaufen als wäre es eine Urlaubsreise», sagt Peter Burk vom Institut Bauen und Wohnen, der auch Bauberater für die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg ist. Der Vertrag mit der Bauleistungsbeschreibung wird einfach unterschrieben, obwohl es für Laien unmöglich sei, dieses sehr komplexe Vertragswerk zu prüfen. «Die Wunschvorstellung vom eigenen Haus ist in diesem Moment bei vielen so groß, dass sie ihr Gefahrenradar komplett abschalten und blind vertrauen», so die Erfahrung von Peter Burk.
Prüft er eine Bauleistungsbeschreibung, fehle dabei eigentlich immer etwas. «Im Schnitt handelt es sich um nicht berücksichtigte Fehlbeträge von rund 70.000 Euro. Fast alle teuren Fehler beim Bauen werden bereits hier gemacht», sagt Peter Burk. Weshalb er – wie auch Erik Stange – dringend dazu rät, die Bauleistungsbeschreibung von einer Fachperson, etwa einem sachverständigen Architekten oder Ingenieur, durchsehen zu lassen. So eine Prüfung kostet ab 300 Euro.
Denn das Problem ist: Was in der Bauleistungsbeschreibung gar nicht erst auftaucht, fällt auch nicht unter den Festpreis, den die meisten Bauherren dann für den Bau vereinbaren – und wird deshalb nachträglich in Rechnung gestellt. Nicht selten passiert das zu übertrieben hohen Kosten, etwa weil die neuen Hausbesitzer ohne die nicht berechnete Kellertreppe gar nicht in ihr Untergeschoss kommen.
Häufig sind die Bauleistungsbeschreibungen auch lückenhaft. «Da wird dann beispielsweise das zu verwendende Material nicht näher erläutert. Dann wird beim Bau zwar der Preis gehalten, aber der Bauherr bekommt eine günstigere Fliese mit geringerer Qualität als er erwartet hat», sagt Erik Stange.
3. Festpreise vertraglich vereinbaren
Egal, ob mit einem Generalunternehmer gebaut wird oder mit einem Architekten: Das Ziel für den Bauherren sollte es immer sein, zu Festpreisen zu bauen. «Kommt es dann während der Bauzeit zu Preisschwankungen beim Material, ist das unternehmerisches Risiko», sagt Erik Stange. Sprich die Handwerker müssen die Preise so kalkulieren, dass sie diese auch halten können – und zwar in der Qualität, die in der Bauleistungsbeschreibung vereinbart wurde.
Sollte es dennoch einmal zu Lieferengpässen kommen, die nicht absehbar waren, muss der Handwerker das für das konkrete Material nachweisen können. «Das gelingt in der Praxis sehr selten», sagt Erik Stange.
Muss das Material gewechselt werden, ist es an den Bauherren, erneut zu prüfen oder prüfen zu lassen, ob die besprochenen Qualitätsanforderungen weiter eingehalten werden. «Bauherren sollten im Vertrag klare Regelungen zu Verzögerungen und Ersatzmaterialien treffen», sagt Tobias Hullermann. Er empfiehlt, schriftlich eine gleichwertige Alternative zu definieren, falls bestimmte Baustoffe nicht lieferbar sind. «So lässt sich Stillstand vermeiden.»
4. Bei Preisanpassungsklauseln aufpassen
Lassen sich Bauherren statt auf die empfohlenen Festpreise auf sogenannte Preisanpassungsklauseln ein, die regeln, wie Kostensteigerungen zwischen Bauherr und Baufirma aufgeteilt werden, ist deren Formulierung entscheidend. «Besonders wichtig ist, dass die Klauseln transparent und fair sind», sagt Tobias Hullermann. Willkürliche Preiserhöhungen müssten ausgeschlossen werden. «Seriöse Klauseln basieren auf objektiven Indizes, zum Beispiel den Baukostenindizes des Statistischen Bundesamtes», sagt Tobias Hullermann. Die Zeiträume ohne Preisanpassungen müssten zudem ausreichend bemessen sein.
Wer eine Preisanpassungsklausel in den Vertrag integriert, sollte auch darauf achten, dass diese in beide Richtungen gilt. «Im Zweifelsfall bekommt der Bauherr dann eben auch einen günstigeren Preis», sagt Erik Stange. Werden über die Preisanpassung nur Preiserhöhungen erfasst, sind die Klauseln in aller Regel rechtswidrig.
5. Bauzeit festschreiben
Inzwischen ist es in Deutschland gesetzlich geregelt, dass ein klassisches Einfamilienhaus auf einem eigenen Grundstück mit der Rechtsform des sogenannten Verbraucherbauvertrags gebaut wird, der auch Bauzeitenangaben umfasst. «Diese Vertragsart verschafft Verbrauchern zahlreiche gesetzliche Vorteile – darunter ein Widerrufsrecht, Ansprüche auf finanzielle Sicherheiten und das Recht auf die vertragliche Festlegung eines festen Fertigstellungstermins beziehungsweise einer klar definierten Bauzeit», sagt Erik Stange. Nur so sei es für Bauherren möglich, Ersatzzahlungen zu fordern, wenn es zu Bauverzögerungen kommt und später als geplant umgezogen werden kann.
«Wenn Miete und Finanzierung parallel länger laufen als geplant, wird das finanziell sonst ganz schnell schwierig», sagt Peter Burk. Er weist auch darauf hin, dass es bei der Bauzeitvereinbarung auf die genauen Formulierungen wie «fertig», «bezugsfertig» oder «vollständig fertig» ankommt. «Auch da lasse ich besser von einem Experten prüfen, was genau damit gemeint ist», so Burk.
6. Vor Insolvenz schützen
Bauverträge können noch so gut geprüft werden, vor der Insolvenz einer Baufirma schützen sie nicht. Wie hoch der finanzielle Schaden dann ausfällt, darüber entscheidet aber das Baumodell – also ob man einen Freien Architekten beauftragt, einen Generalunternehmer wählt oder mit einem Bauträger auf dessen Grundstück baut. «Mit einem Bauträger kann es dann besonders schwierig und teuer werden, weil die Handlungsfreiheit stärker eingeschränkt ist», sagt Peter Burk. Der Verband Privater Bauherren rät dazu, sich im Fall einer Insolvenz grundsätzlich immer umgehend fachlichen Rat einzuholen, bevor man etwas unternimmt.
7. Auseinandersetzungen mit Baufirma vermeiden
Selbst wer alle vorherigen Punkte beachtet hat, kann während eines Hausbaus böse Überraschungen erleben. «Da stoße ich beispielsweise auf Bodenverhältnisse, mit denen ich nicht gerechnet habe und die mir beim Kellerbau in die Quere kommen», nennt Peter Burk als Beispiel.
In solchen Fällen kommt es dann nicht selten zu rechtlichen Auseinandersetzungen mit den Baufirmen. «Diese haben meist den längeren Atem und fahren nicht selten eine Verzögerungstaktik, um den Bauherren unter Druck zu setzen», sagt Erik Stange. Denn diese seien größtenteils genötigt, aus finanziellen Gründen möglichst schnell einzuziehen – und deshalb im Zweifelsfall einfach die Mehrkosten zu tragen. «Davor kann ich mich nicht komplett schützen. Aber alles, was ich im Vorhinein mit Hilfe von Experten prüfen lassen kann, spart mir im Nachhinein oft viel Ärger und Kosten», sagt Erik Stange.






