In Deutschland sind aktuell 28.800 Menschen mit dem Status einer anerkannten Staatenlosigkeit registriert. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Tages der Menschenrechte am 10. Dezember 2025 mitteilt, bedeutet dies einen leichten Rückgang um 700 Personen gegenüber dem Vorjahreshöchststand. Als staatenlos gilt, wer von keinem Staat als Staatsangehöriger anerkannt wird – ein Status, der häufig im Asyl- oder Aufenthaltsverfahren festgestellt wird.
Die Entwicklung der vergangenen zwei Jahrzehnte zeigt deutlich den Einfluss der Migrationsbewegungen: Von 2005 bis 2013 verharrte die Zahl zwischen 13.000 und 14.000. Mit der starken Fluchtmigration ab 2014 verdoppelte sie sich und erreichte Ende 2023 einen Höchstwert von 29.500, bevor sie nun erstmals wieder leicht sank.
Demografie: Hoher Männeranteil und wachsende Zahl in Deutschland Geborener
Ein genauerer Blick auf die Gruppe der 28.800 Staatenlosen offenbart charakteristische Merkmale:
- Herkunft: Mit 47% (13.600 Personen) wurde fast die Hälfte in Syrien geboren. Es folgen Deutschland selbst (17%), der Libanon (7%) und Israel (4%).
- Geburtsort: Der Anteil der in Deutschland geborenen Staatenlosen steigt kontinuierlich und erreichte 2024 17,1% (4.900 Personen), nach 15,2% im Jahr 2018.
- Geschlecht & Alter: 57% (16.400) sind männlich. Ein Viertel (24% oder 6.900) sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren.
Einbürgerungen als Gegenbewegung: Zahl vervierfacht sich seit 2020
Der leichte Rückgang der Gesamtzahl ist maßgeblich auf einen starken Anstieg bei Einbürgerungen zurückzuführen. Diese beenden die Staatenlosigkeit rechtlich. Während 2020 noch 800 Staatenlose eingebürgert wurden, stieg ihre Zahl bis 2024 auf 4.100 – eine Verfünffachung innerhalb von vier Jahren.
Paralleler Status: 92.900 Menschen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit
Neben der anerkannten Staatenlosigkeit existiert der Status der „ungeklärten Staatsangehörigkeit“, wenn weder die Staatsangehörigkeit bestätigt noch Staatenlosigkeit festgestellt werden kann. Ende 2024 waren 92.900 Personen in dieser Kategorie registriert – ein leichter Rückgang für das zweite Jahr in Folge nach einem kontinuierlichen Anstieg seit 2013.
Diese Gruppe unterscheidet sich strukturell deutlich:
- Der Anteil der in Deutschland Geborenen ist mit 35% mehr als doppelt so hoch.
- Der Anteil der Minderjährigen ist mit 41% (38.100) deutlich größer.
Menschenrechtlicher Kontext: Artikel 15 und die Herausforderung Staatenlosigkeit
Der Tag der Menschenrechte am 10. Dezember erinnert an die Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte 1948. Artikel 15 garantiert explizit das Recht auf eine Staatsangehörigkeit. Staatenlosigkeit steht im Widerspruch zu diesem Recht und entsteht häufig durch nicht registrierte Geburten, diskriminierende Gesetze oder den Mangel an offiziellen Dokumenten. Die deutsche Statistik bildet damit nicht nur eine Verwaltungskategorie ab, sondern macht auch die fortwährende Herausforderung sichtbar, dieses fundamentale Menschenrecht für alle umzusetzen.



