Stillstand bei der Bahn: Verkehrswende adé? 

Foto: Gguy/AdobeStock
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Liebe Leserin, lieber Leser,

ich hatte alles richtig gut geplant. Zum Wochenendseminar in Wiesbaden mit dem Auto fahren? Kommt nicht in Frage. Ich nehme den Zug. Und weil die Regionalbahn aus Brühl entlang der wunderschönen Rheinschiene fährt und ich kaum später ans Ziel komme als mit dem ICE, habe ich mir ein günstiges 49-Euro-Ticket gekauft. Ehrlich gesagt hatte ich mich auf eine gemütliche Ausflugs-Fahrt gefreut. Und nun das. Ausgerechnet jetzt hat die Lokführergewerkschaft GDL zum wohl längsten Streik in der Geschichte aufgerufen. An sechs Tagen in Folge stehen fast alle Züge still. Und nun? Doch wieder ins Auto setzen, um ans Ziel zu kommen? 

Ich gebe zu: Ich liebe es, allein im Auto durch die Gegend zu fahren. Ich höre Podcasts oder Radio, manchmal trällere ich auch ein paar Lieder vor mich hin. Im Auto schweifen die Gedanken in alle Richtungen, ich sortiere Ideen, strukturiere gedanklich die nächsten Artikel und wenn es keinen Stau gibt, fühle mich rundum wohl. Ich weiß, das ist schlecht für die Umwelt, das schlechte Gewissen meldet sich immer häufiger und eindringlicher. Ich versuche dann, wenigstens spritsparend zu fahren und setze allen Ehrgeiz daran, dass die Anzeige mit dem durchschnittlichen Spritverbrauch auf 100 Kilometern eine vier vor dem Komma zeigt. Meistens aber bin ich „vernünftig“ und lass das Auto stehen. Ich habe – natürlich – eine Bahncard und den Vielfahrer-Status-Level „Gold“. Und da ich sehr viel mit der Bahn unterwegs bin, bin ich leiderprobt. 

Ich weiß gar nicht, wie oft ich in den vergangenen Jahren die Fahrgastrechte bemüht habe, also einen Antrag auf Erstattung eines Teils des Fahrpreises gestellt habe, was ab einer Verspätung von einer Stunde möglich ist. In der Spitze habe ich an drei Tagen 18 Stunden im Zug verbracht – zehn Stunden wären es regulär gewesen, acht Stunden kamen wegen Streckensperrungen, Bauarbeiten, Oberleitungsschaden etc. dazu. Als Entschuldigung für eine nächtliche Evakuierung des „Sprinters“ hat mir der Kundenservice der Deutschen Bahn dann sogar eine kleine Packung Pralinen geschickt – herzlichen Dank dafür! 

Nach mehreren unschönen Überraschungen am Bahnhof („Zug fällt aus“) oder total verspäteten Bahn-Ankünften komme ich ins Grübeln. Und beginne zu rechnen. Per Bahn mit Bahncard 50 zahle ich für ein Flexticket (also ohne Frühbucher-Sparpreis) mehr, als wenn ich allein (!) im Auto spritsparend über die Autobahn rolle. Das ist zwar eine Milchmädchenrechnung, weil Verschleiß, Versicherung und Steuern bei der Autorechnung nicht eingepreist sind. Aber die Versuchung ist doch groß, bei spontanen Fahrten ins Auto zu steigen.  

Und wie ist das nach Ende des Lokführer-Streiks? Saftige Anpassungen der Gehälter, Inflationsprämie sowie die Reduktion der Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich  stehen an. Und wer die „Verhandlungen“ bisher verfolgt hat, weiß: die GDL meint es ernst. Sind die Forderungen berechtigt? Und werden die Preise für Bahntickets demnächst noch einmal kräftig steigen? Mich würde Deine Meinung interessieren. Nimm gerne an unserer Umfrage teil oder schreib Deine Meinung in den Kommentar! 

Herzliche Grüße und ein schönes Wochenende!

Birgit Wetjen

Chefredakteurin Courage

PS: Ich sehe gerade, dass die Regionalbahnen von Brühl nach Wiesbaden nicht bestreikt werden. Es ist einen Versuch wert. Ich werde berichten! 

Hältst Du den Streik der GDL für berechtigt?
  • Maximalforderungen zu stellen ist einfach, aber es muss finanzierbar sein und der Schaden für andere sich in Grenzen halten! 31%, 38 Stimmen
    38 Stimmen 31%
    38 Stimmen - 31% aller Stimmen
  • Die Deutsche Bahn zahlt ihren Vorständen millionenschwere Boni. Der massive Streik der Lokführergewerkschaft ist mehr als berechtigt. 25%, 30 Stimmen
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    30 Stimmen - 25% aller Stimmen
  • Ich fahre Auto, auf die Bahn möchte ich mich nicht verlassen müssen. 17%, 20 Stimmen
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    20 Stimmen - 17% aller Stimmen
  • Ich befürchte einen starken Preisanstieg, wenn die GDL ihre Forderungen durchsetzt. Dann wird Bahnfahren noch unattraktiver. 15%, 18 Stimmen
    18 Stimmen 15%
    18 Stimmen - 15% aller Stimmen
  • Wir haben Tarifautonomie – und streiken ist ein Grundrecht. 12%, 15 Stimmen
    15 Stimmen 12%
    15 Stimmen - 12% aller Stimmen
Abstimmungen insgesamt: 121
Teilnehmer: 98
25. Januar 2024
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