Surfen, Fallschirm, Yoga – muss ich da mit?

Frau mit Surfbrett - Goodboy Picture Company/iStock
Goodboy Picture Company/iStock

Zukunftsforscher Tristan Horx sprach kürzlich in der BILD von der „neuen Generation Ü60“ – Menschen, die sich nicht mehr als alt empfinden. Seine Mutter, Hanni Rützler, hat mit 60 das Surfen begonnen. Ich war beeindruckt – und beim Lesen gleichzeitig erschöpft.

Solche Geschichten klingen, als gäbe es eine richtige Art, alt zu sein: Aktiv! Abenteuerlustig! Und bitte: schön altern. Es gibt dieses Bild vom Alter, das unablässige Aktivität einfordert. Siehe Longevity-Trend. Aber nicht alle brauchen Adrenalin. Nicht alle wollen höher, schneller, weiter. Manche entscheiden sich bewusst für ein anderes Tempo.

Szenenwechsel. Rückblick: Der 80. Geburtstag meines Onkels.

Er saß zufrieden auf dem Sofa, Gehstock griffbereit, die Zähne im Nachtquartier. „Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass ich schon 80 bin“, sagte er.

Ich lächelte – und kämpfte mit dem Impuls, ihm zu sagen: „Aber du siehst genau so aus.“
Nicht böse. Nicht spöttisch. Eher wie ein kleiner Alarm im Hinterkopf. Ich dachte: Was, wenn er es gar nicht merkt? Wenn er sich nicht vorbereitet? Wenn es plötzlich vorbei ist – und er hat das Altern verpasst, mitsamt den Möglichkeiten?

Er war nie surfen. Kein Yoga-Retreat, kein Neuanfang mit 67. Dann begriff ich: Es ist egal. Er ist zufrieden. Und das ist das Einzige, was zählt.

Nicht jeder muss mit 60 aufs Surfbrett steigen. Manche bleiben einfach auf dem Sofa sitzen – und haben genau dort ihren Frieden gefunden. Vielleicht ist das ihr ganz persönlicher Wellenritt. Egal, ob andere mit 65 Fallschirm springen oder Marathon laufen – vielleicht ist es das, was das Alter uns wirklich lehrt: Zufriedenheit ist keine Resignation, sondern eine Haltung. Und manchmal beginnt genau daraus etwas Neues.

Je älter man wird, desto weniger Zeit bleibt. Der eine nutzt sie so, der andere anders. Das Leben war nie eine gerade Linie. Und Altern ist keine Einheitsgröße. Es gibt 22-Jährige, die Kräutertee trinken – und 72-Jährige, die tanzen, bis der erste Bus kommt. Es gibt Menschen, die mit 40 das erste Mal „Nein“ sagen – und andere, die mit 70 das erste Mal „Ja“ sagen. Manche holen alles nach. Andere holen sich ein Kissen. Beides ist in Ordnung.

Man muss niemandem mehr etwas beweisen. Nicht der Jugend. Nicht den anderen Ü60ern. Nicht einmal sich selbst. Nur dem Leben. Und das ist gar nicht so wenig.

In diesem Sinne: Auf das Leben – in all seinen Geschwindigkeiten!

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