Trennungsschmerz: Leiden Männer anders?

Die Trennung ist nicht mehr zu vermeiden: Für beide beginnt ein Leidensweg. Frauen hilft das Reden darüber. Das sollten auch Männer tun - doch die verdrängen meist eher.
Die Trennung ist nicht mehr zu vermeiden: Für beide beginnt ein Leidensweg. Frauen hilft das Reden darüber. Das sollten auch Männer tun - doch die verdrängen meist eher. Foto: Christin Klose/dpa Themendienst/dpa-tmn
Leiden Männer nach Trennungen weniger oder sogar mehr als Frauen? Ein Blick hinter Klischees und wie Männer (und Frauen) besser mit Trennungsschmerz und dem ersten Schock umgehen können.

Hamburg (dpa/tmn) – Eine Trennung kann sich anfühlen, als würde einem der Boden unter den Füßen weggezogen – besonders, wenn sie überraschend kommt. «Ich fühlte mich, als hätte ich einen Herzinfarkt. Ich dachte, mein Leben ist vorbei», beschreibt der Autor Sören Bauer den Moment, als seine Ex-Frau plötzlich Schluss machte. In seinem Buch «Sören und ich» erzählt er, wie er den Schock überwand und die Trennung schließlich in etwas Positives verwandelte.

Doch mit dem ersten Schock ist es selten getan. Eine Trennung zu verarbeiten, ist oft langwierig und schmerzhaft – und jeder geht anders damit um. Dass Männer und Frauen dabei meist unterschiedlich reagieren, sei laut Beziehungscoach Daniela van Santen kein Klischee.

Unterschiedliche Trauer: Frauen zeigen, Männer verdrängen

Frauen erleben in den ersten Wochen nach einer Trennung oft starken Schmerz und sprechen viel darüber, beobachtet van Santen. Das ginge häufig mit Schlaf- und Appetitlosigkeit einher und dem Phänomen, dass sie sich selbst die Schuld geben – ihr Kummer ist für andere sichtbar.

Männer wirken dagegen nach außen oft gefasst oder sogar gelöst, obwohl auch sie tiefen Schmerz empfinden. «Viele verdrängen ihre Gefühle, was fälschlich den Eindruck erwecken kann, sie seien bereits über die Trennung hinweg», erklärt die Hamburger Liebeskummer-Expertin.

Das kommt Sören Bauer bekannt vor. Auch er verschwieg seine Trennung zunächst, weil er sie als persönliches Scheitern empfand – «etwas, das Männern besonders schwerfällt, einzugestehen», sagt er. Doch warum ist das so?

Warum Männer meist verdrängen statt verarbeiten

Nach einer Trennung würden viele Männer nach außen kaum Schmerz zeigen. Jedoch: «Wenn sie zur Ruhe kommen, kommen die Gedanken – ob sie wollen oder nicht», erklärt van Santen. Um auch diesen Schmerz zu vermeiden, stürzen sich viele in Arbeit, Sport oder andere Ablenkungen wie Dating-Apps – Gespräche über die Trennung finden laut van Santen selten statt.

Dass Männer oft früh wieder auf Dating-Portalen aktiv werden, bedeute aber nicht, dass sie schon abgeschlossen hätten: «Viele wollen damit ihren Selbstwert zurückgewinnen. Ich wollte mich wieder begehrt und gesehen fühlen», beschreibt Bauer diese Reaktion.

Sport half ihm zu Beginn vor allem dabei, den Kopf freizubekommen – während er alles andere zunächst verdrängte. Männer seien eben häufig so sozialisiert, dass sie Gefühle nicht zeigen und über Schmerz kaum sprechen. Während Frauen nach einer Trennung meist früh reflektieren und daraus lernen, leiden Männer laut van Santen oft länger und intensiver – vor allem, wenn sie ihre Emotionen nicht verarbeiten.

Gesellschaftliche Erwartungen, Stärke zu zeigen und keine Schwäche einzugestehen, verstärkten dieses Verhalten, doch die Expertin hat längst ein Umdenken registriert: «Der Macho wird ja als Auslaufmodell gehandelt.»

Das eigentliche Problem liege weniger im Außen, sondern in der inneren Angst, Verletzlichkeit zu zeigen – etwa, weil Männer negative Folgen für ihr berufliches Ansehen befürchten. Das nötige Umdenken müsse also vor allem in ihren Köpfen stattfinden.

Verdrängung hat Folgen

«Das Kartenhaus aus Schweigen und Ablenkung fällt nach drei bis vier Monaten irgendwann in sich zusammen», warnt van Santen. Dann wirken die Ablenkungen nicht mehr, der Schmerz kehrt zurück – begleitet von Erschöpfung, Schlaf- und Essstörungen. Erst dann würden viele Männer offen über ihre Gefühle sprechen, manchmal sogar länger und intensiver als Frauen.

«Wer den Schmerz dauerhaft verdrängt, riskiert Depressionen, Angststörungen oder eine generelle Beziehungsvermeidung», sagt Daniela van Santen. Das werde dabei oft fälschlich als «beziehungsunfähig» bezeichnet. Häufig liege das Problem aber darin, dass frühere Trennungen nie verarbeitet wurden, so die Psychologin. Umso wichtiger sei es, gar nicht erst in diese Verdrängung hineinzurutschen.

Kein Druck, keine Verdrängung: Das hilft wirklich

Gängige Ratschläge wie «Sport treiben» oder «viel reden» helfen laut der Beziehungs-Beraterin meist nur bei leichterem Liebeskummer. In ihrer Praxis erlebt sie viele Menschen, deren Zustand sich von Woche zu Woche verschlechtert: «Sie können nicht mehr arbeiten, sich nicht konzentrieren, fühlen sich völlig am Boden zerstört.» In solchen Fällen reichen Freunde nicht aus – professionelle Hilfe sei notwendig, rät van Santen.

Wer Ratschläge anfangs nicht umsetzen kann, ist weder schwach noch krank – das sei völlig normal, beruhigt Coachin van Santen. Große Vorsicht gelte ihr zufolge jedoch bei Alkohol, denn dieser verstärke negative Gefühle. Wer kaum essen kann, sollte zumindest ausreichend trinken; Shakes könnten notfalls eine Mahlzeit ersetzen.

Was aber zunächst wichtig ist: «Nicht allein sein. Besonders in den ersten Nächten hilft eine vertraute Person. Außerdem sollte man sich zu nichts zwingen und nur das Nötigste erledigen», rät van Santen. Sie empfiehlt, Gefühle zuzulassen: «Wer weinen kann, soll weinen, statt nach außen Stärke zu demonstrieren.»

Auch Bauer rät dazu, früh Menschen zu suchen, mit denen man reden kann – auch wenn man dabei auch mal auf Ablehnung stoßen kann. Wer niemanden im Umfeld hat, solle ruhig professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen, etwa durch einen Trennungscoach oder eine Therapie.

Ein weiterer Tipp: Rausgehen! Bewegung und frische Luft tun gut, und selbst ein erzwungenes Lächeln könne die Stimmung heben. Wichtig ist außerdem, täglich etwas zu tun, das den Kopf freimacht – bei Bauer war es Sport, aber es kann jede Aktivität sein, die Ablenkung und Ruhe bringt.

Trennung als Chance zur Veränderung

Bauer beschreibt seinen Weg: Zunächst kämpfte er um die Beziehung und analysierte, was schiefgelaufen war. Der Wendepunkt kam, als er die Trennung akzeptierte: «Der Moment, in dem man annimmt, dass es vorbei ist, ist der Schritt zur Heilung.»

Er rät, die Veränderungen, die eine Trennung mit sich bringt, aktiv zu gestalten – statt ihnen ausgeliefert zu sein. Das kann ein neuer Job, eine andere Wohnung, ein neues Outfit oder einfach eine neue Gewohnheit sein. Entscheidend sei: «Im Neuen auch Schönes zu entdecken: Wer Veränderungen bewusst anpackt, verliert die Angst davor – und gewinnt das Gefühl zurück, das eigene Leben wieder selbst in der Hand zu haben.»

Van Santen prophezeit: Erst im Rückblick erkenne man oft, dass das Ende einer Beziehung richtig war – und kann daraus für künftige Partnerschaften lernen. Wer den Schmerz als Chance begreift, legt damit den Grundstein für eine neue, kraftvolle Phase im Leben.

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