Neues Jahr, neuer Job? Für viele Angestellte in Deutschland ist das aktuell kein Thema. Wie im Vorjahr hat das Jobportal Indeed auch wieder die Wechselbereitschaft deutscher Arbeitnehmender abgefragt. Ergebnis: Es gibt nur noch 55 Prozent und damit sechs Prozent weniger Wechselwillige als noch vor einem Jahr – und das, obwohl die Unzufriedenheit am Arbeitsplatz im Vorjahresvergleich leicht gestiegen ist.
Besonders auffällig in dem Zusammenhang: Jeder fünfte Angestellte (21 %) will trotz Unzufriedenheit im aktuellen Job verweilen. Das sind doppelt so viele wie noch vor einem Jahr. Warum klammern sich die Deutschen so sehr an ihren Job?
Der sichere Job als Stabilitätsanker
„Der angekündigte Stellenabbau in der Autobranche, bei Zulieferern oder in der Industrie hat die Arbeitnehmenden verunsichert. In diesem fragilen Umfeld sehnen sich die Menschen nach Sicherheit. Also verweilen sie in ihren Jobs, obwohl sie unzufrieden sind, statt mit einer neuen Stelle ins Risiko zu gehen“, erläutert Frank Hensgens, Indeed Geschäftsführer DACH.
Entsprechend begründen die meisten Befragten (44 %), die trotz Unzufriedenheit an ihrem aktuellen Job festhalten, ihren fehlenden Wechselwillen mit der Jobsicherheit. Jeder Vierte schätzt darüber hinaus die finanzielle Stabilität der derzeitigen Jobsituation. Ebenso viele haben zudem Angst, dass sich ihre Situation durch einen Wechsel verschlechtern könnte. Andersherum hoffen 38 Prozent der Unzufriedenen, dass sich die Lage in ihrem Betrieb wieder verbessert. 31 Prozent wollen zudem Firma und Kolleginnen nicht im Stich lassen.
Gebeutelte Branchen besonders betroffen
Doch längst nicht alle Arbeitnehmende sind derart loyal. Zwar ist die Wechselbereitschaft im Vergleich zum Vorjahr (61 %) gesunken. Aber trotz wirtschaftlicher Krise kann sich immerhin noch mehr als die Hälfte der Befragten (55 %) einen Jobwechsel im neuen Jahr vorstellen. Fast jeder fünfte (18 %) Befragte will dafür sogar aktiv nach einer Stelle suchen. 2024 lag dieser Anteil bei 22 Prozent. Andersherum sind 37 Prozent der Befragten wechselwillig, wollen das aber nicht aktiv forcieren. Auffällig zudem: Selbst von denen, die mit ihrem Job zufrieden sind, kann sich fast jeder Zweite (48 %) vorstellen, ihn 2025 zu wechseln.
Besonders wechselwillig sind die Beschäftigten im Bereich Bildung. Hier sind 41 Prozent der Befragten offen für neue Jobs, jeder Vierte will sogar aktiv danach suchen. Eine große Herausforderung für eine Branche, die ohnehin vom Personalmangel gebeutelt ist. Gleiches gilt für Bauwirtschaft und Handwerk. Hier denken insgesamt zwei Drittel der Befragten über einen Wechsel nach. Immerhin: Nur zwölf Prozent wollen den Wechsel aktiv vorantreiben. Im Handel ist die Wechselbereitschaft mit 61 Prozent ebenfalls hoch. 20 Prozent wollen Ausschau halten.
Geld, Flexibilität, Chancen: Darauf zielen Wechselwillige ab
Bei den Beweggründen für einen Jobwechsel sind in diesem Jahr zwei ohnehin schon sehr relevante Aspekte noch stärker in den Fokus gerückt: Geld und Flexibilität. Wie im Vorjahr ist die Aussicht auf ein besseres Gehalt (51 %) die größte Motivation für Wechselgedanken. Wer nach einer neuen Stelle sucht, legt dabei noch mehr Wert auf Flexibilität. 50 Prozent jener besonders Wechselwilligen nannten diesen Beweggrund. Auch hoffen sie auf den nächsten Karriereschritt (46 %). Gehalt (40 %) kommt für sie dagegen erst an dritter Stelle.
„Angestellte schätzen zwar die finanzielle Sicherheit ihrer Stelle, würden sie für ein besseres Gehalt und mehr Flexibilität trotzdem verlassen. Es ist jedoch fraglich, ob der Arbeitsmarkt ihnen in der aktuellen wirtschaftlichen Verfassung ein derartiges Angebot machen kann. Gut möglich, dass Arbeitnehmende künftig Abstriche machen müssen“, sagt Hensgens.
Teufelskreis Personalmangel: Jeder Dritte will weg
Auch die Arbeitsbelastung spielt offenbar eine Rolle. So überlegen zwei Drittel (66 %) derer, die von starkem bis sehr starkem Personalmangel in ihrer Firma berichten, diese im neuen Jahr zu verlassen – gut zwei Drittel davon sind offen für einen neuen Job, mehr als jeder Dritte will sich sogar aktiv bewerben.
„Das Zusammenspiel aus Unzufriedenheit, hoher Arbeitsbelastung wegen Personalmangels und dem sich dadurch verstärkenden Wechselwillen könnte zum Teufelskreis für Arbeitgeber werden: Wenn Mitarbeitende das Unternehmen verlassen, wird der Personalmangel größer, die Unzufriedenheit der verbliebenen Angestellten steigt – und damit auch ihr Wechselwille“, so Hensgens. Arbeitgeber seien daher gut beraten, auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten den Rotstift nicht beim Personal anzusetzen und den Mangel so nicht weiter zu verstärken.
Stattdessen ist das Momentum gerade zu Jahresbeginn gut, ins Personal zu investieren: Laut Umfrage wollen 61 Prozent derjenigen, die mit einem Jobwechsel liebäugeln, ihn bis Mitte des Jahres vollzogen haben. Mehr als die Hälfte davon (33 %) sogar innerhalb des ersten Quartals. Das ist zwar ein Problem für Arbeitgeber – aber auch eine große Chance.
Über die Umfrage: Das Meinungsforschungsinstitut Appinio hat von 6. bis 7. Dezember 1.000 Arbeitnehmende befragt. Die Teilnehmenden waren zwischen 18 und 65 Jahre alt, der Altersdurchschnitt lag bei 42,2 Jahren. Die Stichprobe bestand aus 500 Frauen und 500 Männern.