Urlaub im Chalet: Privatheit als ultimativer Luxus

Ein abgelegenes, gemütliches Holzhaus mit Kamin inmitten einer verschneiten Winterlandschaft – spätestens seit dem Video zum Wham-Weihnachtsklassiker „Last Christmas“ aus dem Jahr 1984 haben wohl die meisten Menschen ein konkretes Bild vor Augen, wenn sie den Begriff Chalet hören.

Ob man nun fröhlich mitsingen oder schreiend davonlaufen will: „Last Christmas“ ist eines der beliebtesten Weihnachtslieder überhaupt. In der Vorweihnachtszeit singt George Michael gefühlt in Dauerschleife in jedem Laden und jedem Radiosender vom Weihnachtsfest vor einem Jahr, als er sein Herz an die Falsche verschenkte.

Mindestens so legendär wie der Song selbst ist das Musikvideo, das in einem romantischen Chalet gedreht wurde. In dem Film schlängeln sich zwei Geländewagen über schneebedeckte Bergwege und spucken George Michael und seine Freunde vor der Talstation einer Bergbahn aus – samt famosen Föhnfrisuren und breiten Schulterpolstern. Mit der Seilbahn fährt die Gruppe zur Bergspitze und feiert in einer schnuckeligen Hütte das Weihnachtsfest. Diese Hütte steht übrigens heute noch – in Saas-Fee im Schweizer Kanton Wallis. Es bleibt für viele als Sehnsuchtsort auf ewig in den Köpfen.

Auch wenn sich sowohl die Ausstattung als auch die Nutzung solcher Chalets über die Zeit hinweg stark verändert haben, so hat diese Objektart in den vergangenen Jahren einen regelrechten Boom erfahren. So entstanden ganze Chalet-Dörfer, von denen die meisten mittlerweile im Hochpreissegment einzuordnen sind.

So auch in Wagrain, im Salzburger Land. Hier haben sich Carina Neumann und Manuel Aster ihren Traum von einem Chalet-Dorf verwirklicht. Das „Prechtlgut“ besteht aus acht freistehenden Chalets in Hanglage. Die einzelnen Häuschen sind zwischen 85 und 150 Quadratmeter groß und bieten zwischen zwei und acht Personen Platz. Wir haben mit Carina gesprochen und gefragt, was die Faszination von Chalet-Dörfern ausmacht und wie der „typische Gast“ aussieht.

Courage: Sie sind von Beruf Klinische Gesundheitspsychologin und Manuel Aster ist Chef eines Bauunternehmens. Sie kommen also beide aus einem ganz anderen Gewerbe. Wie kommt man auf die Idee, ein Chalet-Dorf zu bauen?

Carina Neumann: Wir sind beide in der Gastronomie groß geworden. Mein Vater war Koch, und meine Schwiegermutter arbeitete ihr Leben lang im Service. Auch wir haben immer wieder in der Gastronomie gearbeitet, auch wenn unsere beruflichen Wege uns letztlich in eine andere Richtung führten. Unsere Leidenschaft für die Gastronomie haben wir jedoch nie verloren. Manuel hegte seit seiner Jugend den Wunsch, eine eigene Skihütte zu betreiben, da er viele Jahre auf einer solchen arbeitete, bevor er sich entschied, ein eigenes Bauunternehmen zu gründen. Als wir 2014 unser privates Haus bauten, entschlossen wir uns, zusätzlich Ferienwohnungen zu schaffen, um wieder etwas im Bereich der Hotellerie tätig zu sein. Mit den Jahren wuchs jedoch der Wunsch nach einem eigenen Betrieb, und so reifte der Plan, ein Chaletdorf zu errichten.

Es erschien uns als die beste Lösung, nicht wegen des Booms, sondern weil dieses Konzept am besten zu uns und unseren Persönlichkeiten passt. Wir lieben es, mit Menschen zu arbeiten, den Kontakt zu unseren Gästen zu pflegen und ihre Geschichten kennenzulernen. Aus unseren eigenen Urlaubserfahrungen haben wir zudem erkannt, dass wir zum Abschalten vor allem Ruhe und Rückzug brauchen – nicht überfüllte Hotels. Die Verbundenheit mit der Natur ist tief in uns verankert, daher kam für uns ein großes Hotel mit Hunderten von Betten nie in Frage. Stattdessen wollten wir ein Konzept, das uns ermöglicht, unsere Gäste persönlich kennenzulernen und ihnen genau das zu bieten, wonach sie sich sehnen: Erholung.

Mit einfachen Almhütten haben Chalets inzwischen nur noch wenig zu tun, doch Fernblick gehört zur Serienausstattung. Wird das einfache Leben der Bergbauern romantisiert – und für Städter reinszeniert? Luxus und Ursprungsnostalgie in einer Holzhütte. Wie passt das zusammen?

Ich denke, der Begriff „Inszenierung“ stellt dieses schöne Konzept in ein falsches Licht. Es geht nicht darum, Städtern eine romantisierte Vorstellung vom Landleben zu verkaufen, sondern vielmehr darum, einen Urlaub zu ermöglichen, der den Gästen hilft, zur Ruhe zu kommen und sich wieder zu erden. Die eigenen vier Wände, die natürlichen Materialien und die frische Luft tragen entscheidend dazu bei. Diese sogenannte „Ursprungsnostalgie“ ist nichts anderes, als zu den eigenen Wurzeln zurückzufinden. In einer schnelllebigen und oft unpersönlichen Welt sehnen sich die Menschen nach einem Ort, an dem sie einfach sie selbst sein und sich wieder auf das Wesentliche besinnen können. Der Luxus und der umfassende Service, den wir bieten, sorgen dafür, dass der Urlaub nicht nur eine Flucht aus dem Alltag ist, sondern eine echte Erholung.

Im Chalet hat man nicht nur Abstand zu anderen Menschen, man bleibt auch in seiner eigenen Bubble. Ist Privatheit der ultimative Luxus?

Das kann ich definitiv mit „Ja“ beantworten. In einer Zeit, in der wir ständig erreichbar, vernetzt und von Informationen überflutet sind, ist ein Rückzugsort das, wonach sich die meisten Menschen sehnen. Der wahre Luxus besteht darin, diesen Rückzugsort ganz für sich allein zu haben. Kein Anstehen an Buffets, kein Warten auf freie Plätze im Wellnessbereich – einfach eine Auszeit für sich selbst. Unsere Gäste schätzen genau das, und viele kommen deshalb immer wieder zu uns zurück.

Wie sieht denn der „typische“ Gast im Prechtlgut aus? Kann man das Chalet-Publikum sogar mit dem Campingplatz-Klientel vergleichen, weil beide eher unter ihresgleichen Erholung suchten?

Diesen Vergleich finde ich spannend, muss ich zugeben, kann ihm aber nicht zustimmen. Unsere Gäste sind meist Menschen, die im Alltag stark gefordert sind, etwa als Unternehmer, in Führungspositionen oder durch die Herausforderungen des Lebens im Allgemeinen. Ihr größter Wunsch ist es, zur Ruhe zu kommen und wirklich abschalten zu können – nicht, sich mit anderen zu vernetzen oder unter ihresgleichen zu sein. Auf einem Campingplatz kommt es häufiger vor, dass die Nachbarn zusammenkommen und aus einem privaten Urlaub schnell ein Gemeinschaftsurlaub wird. Unsere Gäste hingegen suchen bewusst nach einem privaten Rückzugsort für sich und ihre Liebsten. Wenn dann der Service stimmt und sie sich um nichts kümmern müssen, können sie den Urlaub genießen und neue Energie tanken. Damit das ermöglich wird, erfahren unsere Gäste täglich unseren Rundumservice und können jeden Tag selbst bestimmen, wie sie ihn verbringen möchten. Wie viel Service, Rückzug oder Gemeinschaft sie haben möchten.

Alle Chalets haben eine eigene Sauna-Dampfkabine, einen Ruheraum, eine freistehende Badewanne und sogar einen privaten Hot Tub auf der Terrasse. Das Frühstück wird direkt ins Chalet gebracht. Und auch das Mittag- und Abendessen wird auf Wunsch geliefert. Bekommen Sie Ihre Gäste außer beim Check-in und Check-out eigentlich zu Gesicht?

Manche Gäste tatsächlich nicht (lacht). Aber das ist ja das Schöne bei uns. Jeder Gast hat die Wahl: Er kann den gesamten Urlaub in seinem Chalet verbringen, sich zurückziehen und unseren Service genießen, oder er kann ins Restaurant oder an die Bar kommen und die Gesellschaft anderer genießen. Das ist es ja, was wir uns wünschen, dass unsere Gäste den Urlaub selbst gestalten können und nicht wir ihnen vorgeben, wie eine perfekte Auszeit aussehen muss.

Ein ganzes Chalet-Dorf – das braucht Platz und idealerweise genau da, wo es am allerschönsten ist. Natur- und Landschaftsschützer befürchten, dass die Schönheit der Umgebung genau dadurch zerstört wird, und kritisieren diese Projekte als „Ausverkauf der Heimat”. Wurde Ihnen die Realisierung Ihres Vorhabens schwer gemacht?

Ja, diese Diskussion kennt man aus den Medien. Glücklicherweise haben wir solche Schwierigkeiten nicht erlebt. Wir befinden uns weder in einem Schutzgebiet noch in einer abgelegenen, unberührten Gegend, sondern ortsnah. Wenn ich außerdem unsere Anlage betrachte, sehe ich, wie sie Pflanzen wieder heimisch gemacht hat, die sonst nur noch auf Almen zu finden sind – wenn überhaupt. Unsere Bauweise setzt auf natürliche Materialien und vermeidet großflächige Bodenversiegelung. Zudem hat sich in den vergangenen Jahren eine bemerkenswerte Artenvielfalt an Tieren bei uns angesiedelt. Das zeigt mir, dass wir die Heimat nicht belasten, sondern vielleicht sogar einen Beitrag dazu leisten, dass Hotellerie auch anders funktionieren kann: nachhaltig und im Einklang mit der Natur. Unsere Arbeitsweise ist außerdem immer mit der Heimat im Herzen, denn wir sind schließlich hier aufgewachsen und wollen diese Schönheit, die wir rund um uns haben, auch mit unseren Gästen teilen.

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