Jakarta (dpa) – Walhaie sind die sanften Riesen der Meere – doch selbst sie bleiben von menschlichen Einflüssen nicht verschont: Fast 77 Prozent der untersuchten Walhaie in einem weltbekannten Meeres-Tourismusgebiet vor der indonesischen Provinz Westpapua weisen Verletzungen und Narben auf. Der größte Teil davon stamme von menschlichen Aktivitäten wie Fischfang oder Tourismus.
Das geht aus einer Studie internationaler Meeresbiologen hervor, die im Fachjournal «Frontiers in Marine Science» erschienen ist. Westpapua liegt auf der Westseite der Insel Neuguinea, der zweitgrößten Insel der Welt.
Die riesigen Walhaie sind mit einer Länge von bis zu 20 Metern die größten derzeit lebenden Fische der Erde und werden auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) mittlerweile als «stark gefährdet» eingestuft. Ihre Bestände sind in den vergangenen Jahrzehnten weltweit um mehr als die Hälfte zurückgegangen, in der indopazifischen Region sogar um bis zu 63 Prozent.
Besonders problematisch: Die Tiere werden erst mit etwa 30 Jahren geschlechtsreif. Bedrohungen wie die Jagd nach Flossen und Fleisch, der Verlust von Lebensräumen oder die Verstrickung in Fischernetze können deshalb langfristig katastrophale Folgen haben.
Wie entstehen die Verletzungen?
Im Bird’s Head Seascape, einem extrem artenreichen Meeresgebiet mit 26 Schutzarealen, haben die Wissenschaftler die Walhai-Bestände über 13 Jahre hinweg untersucht. Die Region, zu der unter anderem die noch weitgehend unberührte Cenderawasih Bay und das berühmte Archipel Raja Ampat gehören, gilt als Hotspot für Walhai-Beobachtungen. Das Team sichtete 268 verschiedene Tiere, die dank ihres einzigartigen Punkt- und Streifenmusters identifiziert werden konnten.
Das erschreckende Ergebnis: Fast 77 Prozent der beobachteten Walhaie wiesen eine oder mehrere sichtbare Verletzungen auf. Mehr als 80 Prozent dieser Tiere hatten Narben oder Verletzungen, die auf menschliche Ursachen zurückzuführen waren – etwa auf Kollisionen mit traditionellen Fangplattformen (Bagans) oder mit Booten. Rund 58 Prozent der Haie zeigten Zeichen von natürlichen Verletzungen, etwa durch Fressfeinde. Viele hatten Verletzungen aus beiden Bereichen.
Die meisten Narben seien zwar oberflächliche Hautabschürfungen, doch es seien auch schwerere Verletzungen gesichtet worden, darunter Abtrennungen von Flossen oder tiefe Schnittwunden, sagte Studienleiter Edy Setyawan.
Besonders junge Männchen betroffen
Die meisten Sichtungen betrafen junge Männchen, die regelmäßig in Ufernähe bei Bagan-Plattformen auftauchen, um kleine Schwarmfische zu fressen. Diese küstennahen Gebiete sind für die Tiere essenziell, um zu wachsen und zu überleben, bis sie zur Fortpflanzung in die offene See abwandern. Oft schaben sie dabei aber an Netzen oder Bootsrümpfen entlang und verletzen sich. Erwachsene Tiere, vor allem Weibchen, ziehen sich dagegen meist in tiefere Meeresregionen zurück.
Die Autoren glauben, dass die Gefahren mit einfachen Maßnahmen verringert werden können – etwa durch das Abrunden scharfer Kanten an Fangplattformen und strengere Regeln für den Walhai-Tourismus. Sonst werde mit dem wachsenden Besucherinteresse auch die Zahl verletzter Tiere weiter steigen, hieß es. «Wir glauben, dass diese Änderungen die Verletzungen bei Walhaien in der Region deutlich reduzieren werden», wurde Mitautor Mark Erdmann von der Naturschutzorganisation Re:wild zitiert.
Der Studie zufolge spielt die Region um Bird’s Head Seascape eine Schlüsselrolle für den Fortbestand der Art. Die Forscher sind überzeugt: Der Schutz dieser «Kinderstuben» für junge Walhaie ist entscheidend, um das Überleben der Meeresgiganten zu sichern.