Was kann der Wolfgangsee dafür, dass er so schön ist?

Foto: Franziska Gastberger
Foto: Franziska Gastberger

Sommer 1960 in Sankt Wolfgang: Umgeben von der traumhaften Berg- und Seenkulisse hat sich eine Filmcrew samt Regisseur Werner Jacobs und namhaften Schauspieler wie Waltraut Haas, Peter Alexander und Adrian Hoven versammelt, um hier gemeinsam Filmgeschichte zu schreiben. Drama, Herzschmerz und jede Menge Gefühle liefert die Verfilmung der Operette „Im Weißen Rössl“ auf dem Silbertablett: Oberkellner Leopold (Peter Alexander) trällert so lange „Es muss was Wunderbares sein, von Dir geliebt zu werden“, bis er das Herz der Rössl-Wirtin Josepha (Waltraut Haas) erweicht. Josepha und Leopold heiraten und leben glücklich bis an ihr Lebensende. Der Zuschauer seufzt: Ach, da war die Welt noch in Ordnung!

Der Wolfgangsee ist ein Alpenrandsee im Salzkammergut und liefert heute wie damals eine perfekte Kulisse für Filme voll österreichisch-uriger Heimatkultur, eingebettet zwischen Wald, Wiesen und Berglandschaften. Sein ursprünglicher Name ist “Abersee“, urkundlich bereits um 800 erwähnt. 500 Jahre später wurde er zum „Wolfgangsee“ – benannt nach dem Heiligen Wolfgang, der den gleichnamigen Ort zu einer Pilgerstätte des Mittelalters machte. Übrigens (so viel Geschichtsunterricht muss sein) hat auch einer der berühmtesten Söhne Salzburgs seine Wurzeln am Wolfgangsee: Wolfgang Amadeus Mozarts Mutter, Anna, war eine gebürtige St. Gilgenerin und Mozarts Schwester Nannerl lebte viele Jahr in St. Gilgen, keine 30 Kilometer von der Mozartstadt entfernt.

„Im Salzkammergut, da kann man gut lustig sein“, sang Peter Alexander schon im Jahre 1960. Ob Helmut Kohl bei diesem Lied mitgesungen hat, ist nicht bekannt, aber regelmäßig bekam der deutsche Fernsehzuschauer im Sommer Bilder aus der Urlaubsidylle von Familie Kohl am Wolfgangsee zu sehen. Wie kam der damalige Bundeskanzler auf die Idee, seine Ferien ausgerechnet dort zu verbringen? Wir sind neugierig und haben Franziska Gastberger gefragt, was das Besondere am Wolfgangsee ist. Sie ist seit zehn Jahren die Gastgeberin der „Seevilla Wolfgangsee“ in St. Wolfgang.

Courage: Über 30 Jahre hinweg verbrachte Helmut Kohl mit seiner Familie den Sommerurlaub am Wolfgangsee. Österreich ist voll von wunderschönen Seen, doch St. Wolfgang gehört zu den meistbesuchten Tourismus-Destinationen Österreichs. Ist der Oberkellner Leopold auch heute noch für den Besucheransturm verantwortlich?

Franziska Gastberger: In jedem Fall würde ich sagen, dass die Faszination um diese besondere Urlaubswelt des Wolfgangsees, die in dem Film vermittelt wird, weiterhin ungebrochen ist, da ja die Landschaft fast unverändert geblieben ist. Die Einheimischen pflegen immer noch ihre Traditionen, und man wird von der Umgebung verzaubert und kommt zur Ruhe. Es ist ja wenigen kaum bekannt, aber manche Szenen des Films wurden rund um unser Haus gedreht, zum Beispiel die Szene, in der Peter Alexander mit dem Serviertablett mit den Wasserskiern startet.

Du hast den 100-jährigen Familienbetrieb von deinen Eltern übernommen und komplett renoviert – hin zu einem exklusiven Boutique Hotel. Die Zahl der Suchanfragen nach Boutique Hotels ist in den jüngsten Jahren stark gestiegen. Warum sind Boutique-Hotels so attraktiv? Was ist das neue Credo des Hauses?

Einerseits vermittelt „Boutique“ das Gefühl von klein und fein, und das geht mit Privatsphäre und viel Individualität in der Gestaltung der Räume einher. Zudem steht es auch für persönliche Gastgeber, die sich um die Gäste kümmern. Unser Haus steht für „Einfach fein“ und dieser Claim entstand eigentlich durch unsere Gäste, die immer wieder erwähnten, wie schön es bei uns ist –einfach nur die Aussicht wahrzunehmen und die Feinheiten der Küche, des Services und des Ambientes zu genießen. Der ganze Wolfgangsee verfügt vorwiegend über Betriebe mit Gastgebern, also von Eigentümern geführte Betriebe, die sich um jeden einzelnen Gast bemühen und somit viel Individualität bieten.

Renovierung als Investition: Hast Du als Alternative auch daran gedacht, das Hotel zu verkaufen?

Das klingt für mich fast so wie aufgeben. Aber diese Frage hat sich nie für mich gestellt, da ich nie zu dieser Hotelentwicklung und Investition gezwungen wurde. Im Gegenteil, denn ich hatte es für mich als Traum gewünscht und als Ziel festgelegt, einmal ein kleines Hotel führen zu dürfen. Ich war in der glücklichen Lage, dass meine Mutter von Ihren Großeltern die Villa Gastberger geerbt hatte und wir es dann regelmäßig renovierten. Folglich darf ich mir diesen Traum, auch dank meiner lieben Gäste und tollen Mitarbeiter, erfüllen.

2016 filmte sich eine brasilianische Bloggerin im Infinity-Pool des Luxushotels Villa Honegg in der Schweiz. Sie stieg die Treppenstufen hinab ins dampfende Wasser, das hellblau funkelte und stellte das Video ins Internet. In Kürze haben es über 100 Millionen Menschen gesehen, die Hotel-Auslastung wurde von 60 auf 90 Prozent gesteigert – und noch immer gibt es viele Influencer, die ebenfalls über den Pool berichten wollen. Das Thema Influencer polarisiert die Hotellerie. Für die einen sind sie lästige Schmarotzer, für die anderen einer der wirkungsvollsten Hebel bei der Neukundengewinnung. Bringen Dich Kooperationsanfragen von Influencern in Rage – oder siehst Du eher darin Chancen?

In diesem Zusammenhang sehe ich klare Chancen. Da ja jeder Betreiber selbst entscheiden kann, ob er Influencer einlädt, kann man den Kooperationsrahmen klar definieren und somit Schmarotzern wenig Angriffsfläche bieten. Ich habe auch von Kollegen gehört, dass Produkte aus dem Zimmer einfach mitgenommen wurden, weil die Kooperationspartner dachten, es wäre ohnehin inkludiert. Dennoch denke ich, gibt es bereits viele Profis in diesem Bereich, die sich mit Ehrgeiz und viel Fleiß Ihre Zielgruppe erarbeiten. Sobald diese mit dem des Hotels matcht, lässt sich daraus etwas Tolles für beide Seiten kreieren. Wir haben noch sehr wenige Kooperationen, aber unsere Vorgabe ist immer, dass das Profil wirklich zum Hotel passt, da wir mit derzeit 29 Zimmern eher eine kleine Hotelstruktur aufweisen.

Was macht ein Profi wie Du eigentlich bei privaten Hotelaufenthalten? Erstmal mit dem Finger prüfend über den Spiegelrahmen streichen?

In meinem Urlaub benötige ich erstmal ein paar Tage zum Runterkommen und bin gar nicht bis wenig aufnahmefähig für neue Eindrücke. Spätestens am vierten Tag beobachte ich Mitarbeiter, Ambiente und Ausstattung sehr genau. Ständig ploppen Ideen auf, die ich mir immer gerne sofort notiere. Teilweise bekomme ich so viel neuen Input und schreibe regelrechte Romane, weil ich wieder eine neue Sichtweise erhalte. Es ist auch immer toll, mit Kollegen oder Mitarbeitern zu sprechen, um ihre Sichtweise kennenzulernen und die Entwicklung des Hotels zu erfahren.

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