Oft ist Alkohol im Spiel: Wenn Passagiere an Bord eines Flugzeugs aus der Rolle fallen, kann das richtig teuer werden. Ist eine Zwischenlandung nötig, kann die Airline den Passagier für die anfallenden Kosten in Regress nehmen, sagt Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer vom Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft.
Wer entscheidet über falsches Verhalten an Bord?
Der Kapitän. Er ist für einen sicheren Flug verantwortlich und trifft die Entscheidung, ob er einen Passagier als gefährlich einstuft und vom Flug ausschließt, so Lang. Das schließt auch die Frage ein, welche Maßnahmen an Bord ergriffen werden. Die Entscheidungshoheit des Kapitäns beginnt mit dem Schließen der Türen und endet mit dem Öffnen nach der Landung.
Wie reagiert die Crew, wenn sich Passagiere danebenbenehmen?
Für schwierige Situationen und den Umgang mit unbotmäßigen Passagieren sind die Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter ausgebildet. «Größte Priorität hat die Deeskalation der Situation», erklärt Lang. Der Fokus liegt darauf, die Situation kommunikativ zu entschärfen und eine Lösung zu finden.
Und wenn das nicht hilft?
Sollte die Sicherheit an Bord beeinträchtigt sein, bestehen weitere Möglichkeiten, die Teil der Schulungen seien, so formuliert es Lang. Welche Möglichkeiten das sind, führt er nicht aus. Doch Videos in Social Media geben einen Einblick: In seltenen Fällen werden randalierende Passagiere mit Kabelbinder oder Klebeband am Sitz gefesselt.
In schwerwiegenden seltenen Einzelfällen könne der Kapitän sich veranlasst sehen, zwischenzulanden und den Passagier von Bord führen zu lassen. Joachim Lang: «Der Passagier muss dann damit rechnen, für alle anfallenden Kosten in Regress genommen zu werden.»
Das kann schnell in fünfstellige Euro-Bereiche gehen. Insbesondere, wenn das Flugzeug nicht mehr abheben darf, weil die Crew-Dienstzeit überschritten ist. Oder wenn Flughäfen aufgrund von Betriebszeiten geschlossen sind und zusätzliche Übernachtungskosten für alle übrigen Passagiere anfallen.
Ryanair forderte in so einem Fall nach einer außerplanmäßigen Zwischenlandung mehr als 15.000 Euro von einem Passagier – unter anderem wegen der Hotelkosten für die Crew und 160 Passagiere.
Was droht noch?
Je nach Verhalten des Passagiers sowie der Rechtslage könne das als gefährlicher Eingriff oder als schwerer gefährlicher Eingriff in den Luftverkehr bewertet werden, so Joachim Lang. Das kann Freiheitsstrafen von schlimmstenfalls 6 Monaten bis 10 Jahren nach sich ziehen. Soweit die Rechtslage bei Vorfällen in und über Deutschland. Über anderen Ländern gelten die jeweiligen lokalen Gesetze, über dem Meer das Recht des Landes, in dem eine Fluggesellschaft zugelassen ist.
Komme ich betrunken womöglich gar nicht an Bord?
Das kann passieren. Während beim Boarding achtet das Bodenpersonal darauf, so Joachim Lang. Passagiere, die sich auffällig und störend verhalten, können vom Flug ausgeschlossen werden. «Sie müssen sich dann ein neues Ticket kaufen und auch alle weiteren Kosten für eventuell verpasste Anschlussflüge und Weiterbeförderungen selbst tragen.»
Einen solchen Fall hatte die Bundespolizei Leipzig vor wenigen Wochen vom Flughafen Leipzig/Halle gemeldet: Ein 45-Jähriger war am Gate aufgefallen, der Pilot ließ ihn nicht an Bord – laut Polizei hatte er mehr als drei Promille im Atemalkohol.
Kurz zuvor – selber Tag, selber Flughafen – hatte sogar ein Pilot den Start eines Fluges nach Mallorca abgebrochen. Ein Passagier war so betrunken, dass er nicht mehr ansprechbar war. Er wurde aus dem Flieger gebracht.
Jeder dürfe sich auf seinen Urlaub freuen und auch mit einem Schlückchen Alkohol einstimmen, schrieb die Bundespolizei seinerzeit. «Aber ein Gläschen zu viel kann teuer werden, denn die Kosten für den abgebrochenen Start können von der Airline umgelegt werden.»
Übrigens: Wenn Passagiere schon häufiger durch Fehlverhalten auffällig geworden sind, kann es laut Joachim Lang passieren, dass sie von Airlines für weitere Flüge gesperrt werden.
Gibt es mehr Vorfälle?
Laut Zahlen des Luftfahrtbundesamtes sind die Meldungen zu «Unruly Passengers» – also Passagieren, die sich nicht an die Regeln halten – in den vergangenen Jahren rückläufig: 2024 waren es in und über Deutschland 100 Fälle, 2023 269 und 2022 383 Fälle.
Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft führt laut Hauptgeschäftsführer Lang selbst keine Statistik über die Anzahl der Vorfälle. Manche Fluggesellschaften berichteten dem Verband aber, die Intensität der störenden Vorfälle habe zugenommen.
Wie kommen an Bord alle besser miteinander aus?
Wie überall, wo auf begrenztem Raum viele Menschen sind, seien gegenseitige Rücksichtnahme und Empathie die Lösung, so Joachim Lang. Außerdem sollte man bedenken, dass Alkohol über den Wolken intensiver wirkt als am Boden. Und entsprechend Maßhalten. (dpa/tmn)