Kalte Dusche für die Anleger am deutschen Aktienmarkt: Belastet von schwachen Autowerten nach enttäuschenden Zahlen aus der Branche, gab der Dax am Dienstag merklich nach. Im späten Handel weitete sich das Minus noch im Sog der nachgebenden Wall Street aus. Letztlich verlor der Leitindex 1,03 Prozent auf 17 932,17 Punkte. Daraus resultierte für den Monat April ein Verlust von rund drei Prozent. Der MDax der mittelgroßen Börsenunternehmen schloss am Dienstag 0,30 Prozent tiefer bei 26 264,39 Punkten.
Angesichts vieler Geschäftszahlen und Wirtschaftsdaten sowie vor der Feiertagspause und dem Zinsentscheid der US-Notenbank Fed am Mittwoch scheuten die Anleger das Risiko, hieß es am Markt. Bei 18 200 Dax-Punkten liege ein hartnäckiger Widerstand, schrieb Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar von Robomarkets. Hier dürfte sich auch die Frage entscheiden, ob die Anleger im Mai der Börse mehrheitlich den Rücken kehrten oder auf eine Fortsetzung der jüngsten Erholung hoffen könnten. Bei 17 900 Punkten sieht der Experte den Index nach unten abgesichert.
Nachdem die Inflationsrate in Deutschland im April wie erwartet auf ihrem zuletzt deutlich gesunkenen Niveau verharrt hatte, zeigte die Teuerung in der Eurozone ein ähnliches Bild. Allerdings ging die Kerninflation ohne die schwankungsanfälligen Preise für Energie-, Nahrungs- und Genussmittel weiter zurück. Zudem legte die Wirtschaft im Währungsraum im ersten Quartal wieder zu.
Die Ökonomen der niederländischen Bank ING sprachen vom stärksten Wachstum seit Beginn der Energiekrise im dritten Quartal 2022 und sehen den Euroraum nun auf Erholungskurs. Gleichzeitig bleibe die Inflation moderat. An der erwarteten ersten Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) im Juni sollten auch die Inflationsdaten nichts ändern, ergänzten die Experten von Pantheon Macro.
Auch an den wichtigsten europäischen Handelsplätzen ging es überwiegend deutlich abwärts. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 fiel um rund 1,2 Prozent. In Paris büßte der CAC 40 1,0 Prozent ein. Dagegen zeigte sich die Londoner Börse weitgehend stabil. Der New Yorker Leitindex Dow Jones Industrial notierte zum europäischen Handelsende rund 0,9 Prozent tiefer.
Im Dax belegten Mercedes-Benz und Volkswagen mit Kursverlusten von 5,2 beziehungsweise 4,6 Prozent die hintersten Plätze. Die Zahlen der Schwaben seien noch schwächer als befürchtet ausgefallen, kommentierte ein Händler den Umsatzrückgang sowie den operativen Ergebniseinbruch im ersten Quartal. Enttäuschend sei vor allem die Umsatz- und Margenentwicklung in der Pkw-Sparte.
Auch die Wolfsburger hatten zu Jahresbeginn eine rückläufige Geschäftsentwicklung verzeichnet. Die Erwartungen seien verfehlt worden, schrieb UBS-Analyst Patrick Hummel. Er geht davon aus, dass die Konsensschätzung für das operative Jahresergebnis um rund 5 Prozent sinken wird. Der Ausblick sei zwar bestätigt worden, erscheine aber ehrgeiziger als bisher.
Die Aktien von Adidas gaben um 2,5 Prozent nach. Nach dem zuletzt guten Lauf versilberten Investoren die jüngsten Kursgewinne, nachdem der Sportartikelhersteller die vorab veröffentlichten Eckdaten und den schon damals angehobenen Ausblick bestätigt hatte.
Dagegen setzte sich Vonovia mit einer weiteren Kurserholung von 3,9 Prozent an die Dax-Spitze. Davon profitierte die gesamte Branche. Analyst Neil Green von der US-Bank JPMorgan attestierte Deutschlands größtem Wohnimmobilienkonzern einen ermutigenden Jahresstart. Vonovia erzielte nach einem Milliardenverlust im Vorjahr nun wieder einen Gewinn. Für 2024 hob das Unternehmen zudem die Prognose für das Wachstum der Mieteinnahmen an.
Bei MTU freuten sich die Anleger über ein Kursplus von 0,7 Prozent. Damit setzten die Aktien ihren Aufwärtstrend fort. Das Unternehmen rechnet trotz des Rückrufs tausender Airbus-Triebwerke in diesem Jahr weiter mit Geschäftsrekorden. Das bereinigte operative Quartalsergebnis (Ebit) liege trotz der etwas enttäuschenden Umsatzentwicklung über der Konsensschätzung, konstatierte Jefferies-Expertin Chloe Lemarie.
Im MDax bescherte ein guter Jahresstart dem Düngehersteller K+S einen Kursanstieg von 2,9 Prozent. Morphosys-Titel gewannen 0,8 Prozent und machten so einen Teil ihrer Vortagsverluste wett. Angesichts der anstehenden Übernahme durch den Pharmariesen Novartis spielten die tiefroten Quartalsresultate des Wirkstoffforschers am Markt nur eine untergeordnete Rolle.
Der Euro wurde zuletzt mit 1,0686 US-Dollar gehandelt. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs am Nachmittag auf 1,0718 Dollar festgesetzt.
Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 2,57 Prozent am Vortag auf 2,59 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,13 Prozent auf 124,03 Punkte. Der Bund-Future verlor 0,47 Prozent auf 130,15 Punkte. (dpa-AFX/edh/he/cw)