Sie zählen zu den kleinsten Klimasündern, haben aber am stärksten unter den Folgen zu leiden. Baerbock ist um die halbe Welt gereist, um den pazifischen Inselstaaten ihre Solidarität zuzusichern.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat den pazifischen Inselstaaten anhaltende Unterstützung im Kampf gegen die Folgen des Klimawandels zugesichert.
«Die Klimakrise spült den Menschen hier buchstäblich den Boden unter den Füßen weg», sagte die Grünen-Politikerin im 16.000 Kilometer von Deutschland entfernten Fidschi, wo vor ihr noch nie ein deutscher Außenminister war. «Wir lassen die Region nicht alleine, nicht alleine mit der größten Sicherheitsherausforderung dieses Jahrhunderts, der Klimakrise.»
Anstieg der Ozeane beschleunigt sich
Fidschi gehört zu den 14 Inselstaaten des Südpazifiks, die zwar einen verschwindend geringen Anteil am weltweiten Ausstoß klimaschädlicher Gase haben, dafür aber von den Folgen des Klimawandels teilweise in ihrer Existenz bedroht sind. Die mehr 1000 Marshallinseln zum Beispiel, deren Landesfläche zum größten Teil kaum mehr als zwei Meter über den Meeresspiegel liegt, könnten schon in wenigen Jahrzehnten im Pazifischen Ozean versinken, wenn die Erderwärmung das Polareis weiter ungebremst schmelzen lässt.
Nach einem Sachstandsbericht des Weltklimarats IPPC aus dem vergangenen Jahr ist der mittlere globale Meeresspiegel seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts um 20 Zentimeter gestiegen. Das Tempo des Anstiegs hat sich in dieser Zeit von 1,3 auf 3,7 Millimeter pro Jahr fast verdreifacht. Extreme Wetterphänomene wie zunehmende Tropenstürme, Dürren oder Starkregen verschärfen die Lage – auch auf Fidschi.
Vuniniudrovo: Ein kleines Dorf an der Klima-Front
«Die Pazifikregion steht im wahrsten Sinne des Wortes an der vordersten Frontlinie dieser Klimakrise», sagt Baerbock bei ihrem Besuch auf Fidschi, für den sie sich mit drei Tagen ungewöhnlich viel Zeit nimmt – unter anderem für einen Besuch an der besagten Klima-Front. Die verläuft zum Beispiel mitten durch das kleine Dorf Vuniniudrovo im Hinterland der Hauptstadt Suva. Dort ist sie braun, feucht und ziemlich reißend: Der Fluss Waimanu raubt dem Dorf, in dem einmal fast 300 Familien lebten, Meter um Meter an Boden. Erst im März stürzten wieder zwei Meter Uferfläche in die Fluten.
Ein Drittel der Bevölkerung hat inzwischen aufgegeben und ist den Hang hochgezogen. Dorthin, wo es auch langfristig sicher zu sein scheint. «Dieses Dorf hatte mal vier bis fünf Reihen von Häusern», sagt Filimone Ralogaivau, der im Umweltministerium Fidschis Abteilungsleiter für den Klimawandel ist. «Jetzt sind es nur noch zwei Reihen wegen der Erosion der Flussufer. Und es wird nur noch schlimmer.»
42 Dörfer in Fidschi hochgradig gefährdet
An den Küsten sieht es nicht besser aus, wo zwischen 70 und 80 Prozent der Bevölkerung leben. Umsiedlung ist ein großes Thema. Sechs Dörfer wurden in Fidschi bereits ganz aufgegeben, 42 gelten als hochgradig gefährdet. Die deutsche Gesellschaft für Entwicklung und Zusammenarbeit (GIZ) unterstützt die Umsiedlungsprojekte. Aber es geht bei der Hilfe für die Inselstaaten auch um wirtschaftliche Hilfe und die Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien.
So seien über einen Fonds der Asiatischen Entwicklungsbank jetzt sieben Millionen Euro zur Verfügung gestellt worden, mit denen Projekte zur Speicherung von Solarenergie in Vanuatu und Tonga unterstützt würden, sagt Baerbock. «Es reicht nicht mehr aus, dass wir abstrakt in große UN-Töpfe Gelder einzahlen, wo dann Jahre später Gelder ausgezahlt werden, sondern wir müssen jetzt handeln, ganz aktiv und ganz konkret.»
Erste deutsche Botschaft in der Südsee
Dazu gehörte auch die Eröffnung der ersten deutschen Botschaft in der Südsee auf Fidschi im vergangenen August. Die diplomatische Präsenz ist dringend nötig, denn die Konkurrenz aus China ist längst da, und das in ganz anderem Umfang. «Wenn man hier ein paar Straßen weiter ist, dann sieht man andere, die das Zehnfache an einem Botschaftsgelände hier haben», räumt Baerbock ein.
Und den Menschen in Fidschi ist es letztendlich egal, wer ihnen hilft in der Klimakrise. «Zum jetzigen Zeitpunkt sagen wir: Bettler können nicht wählerisch sein», sagt Filimone Ralogaivau. Für Fidschi stehe schließlich die Existenz von Dorfgemeinschaften wie die in Vuniniudrovo auf dem Spiel. (dpa/cw)