Schauspielerin Friederike Kempter verrät im Interview, wie ihre Kinder ihr Leben verändert haben, warum sie sich politisch engagiert und warum Heiraten vielleicht doch keine schlechte Idee ist. Ein Auszug aus unserem neuen Heft
Ob sie will oder nicht: Ihre Rolle im Münsteraner „Tatort“ lässt sie nicht los. Frag sie doch nach ihrer russischen Vergangenheit, gaben mir Freunde vor dem Interview mit auf den Weg. Wie bitte? Friederike Kempter stammt nicht aus Russland, sondern aus einem Dorf auf der schwäbischen Alb. Aber nach über 17 Jahren als „Nadeshda“ an der Seite von Axel Prahl und Jan Josef Liefers begleitet sie eine zweite Identität. Zeit also, sich loszumachen und sich wieder stärker aufs eigene Ich zu besinnen. 2020 stieg Friederike aus dem „Tatort“ aus. Ihr zweites Kind wurde geboren, und sie war als Mutter gefordert. Das Muttersein hat die Wahlberlinerin gestärkt. Und ihren Fokus verschoben. Die Klimakrise beunruhige sie noch stärker als früher. Und die Sorge, ihren Kindern keine gute Zukunft zu hinterlassen. Politikerbashing helfe da nicht weiter, für Spalterisches – Stichwort: Verbotskultur – hat die Schauspielerin wenig Verständnis. „Kleingeistig, unklug und unvernünftig“ sei es, gegen Verbote zu polemisieren. Denn, so ihre Überzeugung, es brauche klare Regeln, um die Lebensgrundlage zu erhalten.
Courage: Ist das nicht die aus dem „Tatort“? Mehr als 17 Jahre warst du als Nadeshda im Team Münster an Bord. Dann bist du ausgestiegen, und viele fragten sich: Wie kann sie nur …?
Friederike Kempter: (lacht) Ich wurde tatsächlich schon ganz oft mit meinem Rollennamen angesprochen, was ja auch total schön ist. Und ich gebe zu: Der Abschied ist noch immer mit ein wenig Wehmut verbunden. Aber es war definitiv ein richtiger Schritt. Für den „Tatort“ dreht man zwar nur zwei Filme im Jahr, aber die haben dann Priorität. Das hat mich oft daran gehindert, andere Rollen anzunehmen. Ich hätte also noch 20 Jahre mit großem Vergnügen als Nadeshda weitermachen können. Aber ich wollte inhaltlich auch anderes wagen.
Du hast sehr viele Filme gedreht. Gibt es Rollen, die du bereust?
Ich habe jede Rolle aus einem bestimmten Grund gewählt. Entweder weil ich meine Figur oder das Buch spannend fand oder weil ich gerne mit dem Regisseur, der Regisseurin oder dem Team arbeiten wollte. Es gibt vielleicht ein, zwei Rollen, die ich inhaltlich nicht hätte machen müssen. Aber am Ende ist das ja auch mein Beruf, ich lebe davon.
Wie sieht es mit deinem Engagement für Frauen aus? Du hast in der Serie „Friederike klopft an!“ bemerkenswerte Frauen porträtiert. Bist du Feministin?
Vor zehn oder 15 Jahren hätte ich vielleicht gesagt: Nee, ich bin keine Feministin, das braucht es nicht mehr, weil wir schon fast überall gleichberechtigt sind. Nach MeToo habe ich mich und meine Überzeugungen wieder stärker selbst hinterfragt. Im Schauspiel haben wir Frauen zum Beispiel immer viel weniger Geld verdient. Da wird ein großes Geheimnis drum gemacht, man darf nicht wissen, was andere verdienen. Und da fragt auch keiner, vielleicht aus Scham. Denn an der Bezahlung erkennt man die Wertigkeit – wenn der andere doppelt so viel bekommt, bedeutet das, ich bin nur halb so viel wert.
Verhandelst du deine Gagen selbst?
Nein – und ich bin wahnsinnig froh, dass ich das nicht machen muss. Denn das fällt mir ganz, ganz schwer. Und das ist übrigens auch ganz typisch und hat mit dem Patriarchat zu tun, in dem ich aufgewachsen bin. Ich kenne viel mehr Männer, die sich hinstellen und sagen können: Ich bin gut und von zwei Filmen oder 15 Drehtagen im Jahr kann man nicht leben.
Hast du mit privatem Geld vorgesorgt?
Ja, ich bin irgendwann zu meiner Bank gegangen, und die haben mir einen Fonds empfohlen, den ich bespare. Geldanlage ist ein Thema, mit dem ich mich gerade intensiver beschäftige. Ich gebe aber zu: Die Fülle erschlägt mich. Da gibt es so viele Angebote und Möglichkeiten. Vielleicht stimmt dieses Klischee, dass Menschen in einem eher künstlerischen Beruf nicht so ein Gespür oder Händchen dafür haben. Ich nehme mich da nicht aus – ich komme mir da manchmal richtig blöd vor und wünschte mir, ich wäre in der Schule oder Schauspielschule besser auf diese Themen vorbereitet worden.
Das ganze Interview mit Friederike Kempter findet Ihr in der Courage 03/2024.