Die heimischen Öl- und Gasvorkommen gehen zur Neige. Die Branche will die Förderung aber so lange wie möglich fortsetzen. Einen Widerspruch zum Klimaschutz sehen Firmen darin nicht – im Gegenteil.
Die heimische Öl- und Gasförderung in Deutschland ist 2023 weiter gesunken. Dennoch leisteten die vor allem in Niedersachsen gewonnenen Energieträger nach Angaben des Bundesverbandes Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG) weiter einen wichtigen Beitrag zur Energieversorgung in Deutschland. «Es ist daher klug, die einheimische Produktion aufrechtzuerhalten, solange dies möglich ist», sagte BVEG-Hauptgeschäftsführer Ludwig Möhring bei der Vorlage des Jahresberichts in Hannover.
Im vergangenen Jahr wurden im Inland noch 4,3 Milliarden Kubikmeter Erdgas aus dem Boden geholt, rund zehn Prozent weniger als im Vorjahr. Die heimische Ölförderung sank von 1,7 auf 1,6 Millionen Tonnen. Das entsprach nach Angaben des Verbandes beim Gas rund 5,7 Prozent der heimischen Nachfrage und damit sogar etwas mehr als 2022, beim Erdöl unverändert rund zwei Prozent.
Früher waren es in der Bundesrepublik bis zu 20 Milliarden Kubikmeter Gas oder mehr pro Jahr, die Reserven in konventionellen Lagerstätten erschöpfen sich jedoch zunehmend. Nach Angaben des BVEG liegen die noch förderbaren Erdgasreserven in Deutschland bei 34,3 Milliarden Kubikmetern, beim Erdöl seien es noch 22,8 Millionen Tonnen.
Wasserstoff und Erdwärme als neue Geschäftsfelder
Angesichts der seit Jahren rückläufigen Produktion setzt die Erdgas- und Erdölindustrie verstärkt auf die Erschließung neuer Geschäftsfelder im Rahmen der Energiewende. Gaskavernen und Pipelines ließen sich etwa für «grünen» Wasserstoff umrüsten oder als Gaslagerstätten für die Einlagerung von abgeschiedenem CO₂ etwa aus der Zementindustrie nutzen, sagte Möhring. Und die Bohrtechnik lasse sich für die Erschließung von Tiefengeothermie nutzen. Neue Partner brauche man hier jedoch für die Vermarktung der Erdwärme, die sich deutlich vom Öl- und Gasgeschäft unterscheide.
Nach Ansicht Möhrings lässt sich auch die Gasproduktion steigern. Große Sprünge seien angesichts schwindender Vorkommen zwar nicht möglich. Wenn es aber politisch gewollt sei, «würden wir uns in der konventionellen Gasförderung zutrauen, nachhaltig zehn bis zwanzig Prozent mehr zu produzieren als heute». Und das ohne den Einsatz der umstrittenen Fracking-Technik. Bisher schreckten Unternehmen vor Investitionen aber zurück, weil es vor Ort oft Widerstand gegen Bohrungen gebe und aus der Politik wenig Unterstützung komme.
Bessere CO2-Bilanz als LNG
Nach den Erfahrungen der Energiekrise durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine appellierte Möhring an die Politik, sich klar zur Fortsetzung der Öl- und Gasförderung in Deutschland zu bekennen. «Dabei geht es nicht um eine Verlängerung des fossilen Zeitalters, sondern darum, die Transformation erfolgreich zu gestalten.» Gas werde auf absehbare Zeit als Energieträger gebraucht. Und Erdgas aus Deutschland schneide in der CO₂-Bilanz bis zu 30 Prozent besser ab als das aus den USA importierte Flüssiggas (LNG).
Noch stärker ließe sich die Förderung steigern, wenn man auch in Deutschland die Fracking-Technik einsetzen könnte, bei der Gestein mit chemischen Zusätzen aufgebrochen wird, um gebundenes Gas aus dem Boden zu holen. Große Hoffnungen, dass die umstrittene Technologie hierzulande zugelassen werde, habe er aber nicht mehr, sagte Möhring. Vor allem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat sich dagegen ausgesprochen. «Es gibt da ein klares Vorverständnis, dass das nicht gewollt ist», stellte Möhring fest. (dpa/cw)