Beim G20-Gipfel in Rio de Janeiro haben sich die Vertreter der Staats- und Regierungschefs der führenden Industrie- und Schwellenländer bereits am ersten Tag auf eine gemeinsame Abschlusserklärung geeinigt. Das Dokument enthält einen Minimalkonsens zu den Kriegen in der Ukraine und Nahost, aber auch eine Reihe von Themen, die Gastgeber Brasilien besonders wichtig waren: der Kampf gegen Hunger und Armut, gemeinsame Anstrengungen zum Klimaschutz und einen Passus zu einer Milliardärssteuer. Die wichtigsten Punkte im Überblick:
Milliardärssteuer
Die G20-Staaten wollen sich für eine wirksame Besteuerung der Superreichen einsetzen. Ohne in die Steuerhoheit der Staaten einzugreifen, werde man sich gemeinsam darum bemühen, sehr vermögende Personen effektiv zu besteuern, heißt es in der Erklärung. Damit wird eine Einigung der G20-Finanzminister aus dem Juli bekräftigt. Die Idee geht auf den französischen Ökonomen Gabriel Zucman zurück. Demnach sollen Milliardäre jährlich zwei Prozent ihres Vermögens an ihre Heimatländer abführen. Weltweit gibt es etwa 3.000 Milliardäre. Schätzungen Zucmans zufolge könnte die Steuer bis zu 250 Milliarden US-Dollar pro Jahr einbringen, die dann beispielsweise in den Kampf gegen den Klimawandel investiert werden könnten.
Klimaschutz
Die Gruppe bekräftigte das im Pariser Klimaschutzabkommen vereinbarte Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Allerdings fehlt in dem Abschlussdokument der zentrale Beschluss der letzten UN-Klimakonferenz in Dubai zu einer Abkehr aller Staaten von Öl, Kohle und Gas. Nur allgemein bekennen sich die G20 zu den Ergebnissen des Klimagipfels im vergangenen Jahr. Positiv bewerten Beobachter und Verhandler auf der laufenden Klimakonferenz in Baku, dass die G20 anerkennen, dass die Klimahilfen für Entwicklungsstaaten rasch und stark hochgefahren werden müssen.
Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten
In Bezug auf die Kriege in der Ukraine sowie im Gazastreifen und im Libanon konnten sich die Vertreter der führenden Industrie- und Schwellenländer lediglich zu einem Minimalkonsens durchringen. Der russische Angriff auf die Ukraine wird darin wie bereits beim Gipfel in Indien im Vorjahr nicht mehr explizit von einer Mehrheit der Länder verurteilt. Es wird nur allgemein «auf das menschliche Leid und die negativen zusätzlichen Auswirkungen des Krieges» verwiesen, beispielsweise auf die Nahrungsmittel- und Energiesicherheit.
Auch das Massaker der islamistischen Hamas, das den Gaza-Krieg ausgelöst hat, findet keine Erwähnung. Die G20 zeigt sich über die humanitäre Lage im Gazastreifen und die Eskalation im Libanon besorgt. Die humanitäre Hilfe müsse dringend ausgeweitet und der Schutz der Zivilbevölkerung verstärkt werden. Die G20 bekräftigen zudem das Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung und ein «unerschütterliches Engagement» für eine Zweistaatenlösung.
Kampf gegen Hunger und Armut
In Rio wurde die Globale Allianz gegen Hunger und Armut ins Leben gerufen. Es fehle weder an Wissen noch an Ressourcen, sondern an politischem Willen, um den Menschen Zugang zu Lebensmitteln zu verschaffen, heißt es in der Abschlusserklärung. Die Gruppe setze auf bewährte Strategien wie direkte finanzielle Unterstützung, Schulspeisungsprogramme und einen verbesserten Zugang zu Mikrofinanzierungen, die in den einzelnen Ländern dann an die lokalen Begebenheiten angepasst werden könnten. Die Initiative ist eines der zentralen Themen der brasilianischen G20-Präsidentschaft.
Reform der internationalen Organisationen
Die G20-Staaten verständigten sich darauf, auf eine Reform des UN-Sicherheitsrates hinarbeiten zu wollen. Das wichtigste Organ der Vereinten Nationen solle repräsentativer, inklusiver, effektiver und demokratischer werden, heißt es in der Abschlusserklärung. Die wichtigsten Industrie- und Schwellenländer fordern eine bessere Vertretung der bislang unterrepräsentierten Regionen Afrika, Asien, Lateinamerika und Karibik. Gleichzeitig soll die Rolle der UN-Vollversammlung gestärkt werden. Auch in den internationalen Entwicklungsbanken gelte es, die Mitsprachemöglichkeiten der Entwicklungsländer zu verbessern, um diese Institutionen effektiver und glaubwürdiger zu machen. (dpa/cw)