Hamburg (dpa) – Erstmals seit vielen Jahren sind in Deutschland wieder Polio-Wildviren vom Typ 1 nachgewiesen worden. Der Erreger, der zu Poliomyelitis – der sogenannten Kinderlähmung – führen kann, sei in einer Hamburger Abwasserprobe entdeckt worden, teilte die Gesundheitsbehörde der Hansestadt mit. Das Risiko für die Bevölkerung werde aufgrund der hohen Impfquoten und des isolierten Nachweises im Abwasser aber als sehr gering eingeschätzt.
Poliomyelitis oder kurz Polio kann laut Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit zu dauerhaften Lähmungen und Tod führen. Da der Kontakt damit meist im Kindesalter erfolgt, spricht man auch von Kinderlähmung. Weitere mögliche Symptome sind Fieber, Übelkeit, Hals-, Bauch-, Muskel- und Kopfschmerzen sowie Hirnhautentzündung.
Polio-Wildviren kommen laut der Behörde weltweit eigentlich nur noch in Afghanistan und Pakistan vor. Die letzte nachweislich in Deutschland durch Polio-Wildviren erfolgte Poliomyelitis-Erkrankung sei 1990 erfasst worden. «Die letzten beiden importierten klinischen Fälle wurden 1992 registriert», heißt es in der Mitteilung der Gesundheitsbehörde.
Genauer örtliche Bestimmung nicht möglich
Abwasserproben aus deutschen Großstädten würden fortlaufend durch das Robert Koch-Institut (RKI) und das Umweltbundesamt auf Polio-Viren untersucht. Die Probe mit dem positiven Befund stammt den Angaben zufolge von Anfang Oktober.
«Da es sich um eine Abwassersammelprobe aus Hamburg und teilweise angrenzenden Bundesländern handelt, ist eine genaue örtliche Bestimmung, wo das Virus durch menschliche Ausscheidung in das Abwasser gelangte, nicht möglich.» Auch lasse sich nicht sagen, ob eine oder mehrere Personen mit dem Virus infiziert sind.
Polio-Viren vom Typ 2 bereits mehrfach nachgewiesen
Bereits seit Ende vergangenen Jahres seien in Abwasserproben aus mehreren Orten in Deutschland Impfstoff-abgeleitete Polio-Viren des Typs 2 nachgewiesen worden. Eine Verbindung mit dem jetzt in Hamburg nachgewiesenen Wildtyp bestehe nicht, da es sich um unterschiedliche Typen von Polio-Viren handele.
Grundsätzlich könnten aber beide Polio-Viren-Typen bei Menschen, die nicht oder nicht ausreichend geimpft sind, Kinderlähmung verursachen, so die Behörde. In Deutschland und auch in Hamburg sei aufgrund der hohen Impfquoten aber von einer Herdenimmunität innerhalb der Bevölkerung auszugehen.


