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„Mann sagt”: Sind Frauen gestresster als Männer?

Gastkommentar von Frank Ritter

Nur auf den ersten Blick. Tatsächlich sind in meinen Firmenseminaren zum Thema Stress gut zwei Drittel der Teilnehmer Frauen – egal, in welcher Branche ich unterwegs bin. Doch aktuelle Krankenkassen-statistiken zu stressbedingten Krankheiten zeigen eine Parität der Geschlechter. Also kann ich die Frage klar verneinen. 

Spannender ist eine weitere Frage: Wie gehen Frauen mit Stress um? Es scheint, als würden sie sich eher eingestehen, dass sie gestresst sind. Vor allem aber krempeln sie dann die Ärmel hoch und tun etwas dagegen, etwa indem sie sich zu einem Stressseminar in ihrer Firma anmelden. 

Meiner Erfahrung nach sind Frauen reflektierter, was die Themen Gesundheit und Stressmanagement angeht. Sie hören eher auf die Anzeichen, die ihr Körper aussendet, und sind offener, Dinge einfach auszuprobieren. Nehmen wir an, ich möchte den Teilnehmern eines rund 30-minütigen Workshops eine bestimmte Atemtechnik vermitteln, die in akuten Stresssituationen direkt angewendet werden soll. Und angenommen, ich habe eine reine Männergruppe vor mir. Dann muss ich erst mal 20 Minuten Überzeugungsarbeit leisten, mit Zahlen, Daten, Fakten, Beispielen aus Wissenschaft und Leistungssport, damit alle mitmachen. Würde ich nach einer kurzen Einführung direkt mit der Atemtechnik starten, würde mich die Hälfte der Gruppe nur müde anlächeln und die Aufmerksamkeit lieber dem eigenen Handy schenken. Das ist keine Theorie! Ich habe das über Jahre mehrfach ausgetestet.

Habe ich hingegen eine frauendominierte Gruppe vor mir, kann ich mir das „Vorgeplänkel“ sparen und nach kurzer Einführung direkt mit der Atmung beginnen. Der Workshop ist für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dann viel effektiver (und für mich weniger anstrengend). 

Und ich möchte noch einen Punkt machen: Grundsätzlich läuft im Organismus bei Stress immer das Gleiche ab. Bei einem akuten Stressreiz werden binnen Millisekunden 30 unterschiedliche Hormone und Neurotransmitter ausgeschüttet. Das ist ein über die Evolution entwickeltes Schutzsystem, welches uns auf körperliche Höchstleistung trimmt. Dabei ist es dem Organismus völlig egal, ob er weiblich, männlich oder divers ist – die Stresshormone sind die gleichen. Kurzfristig ist das super und hat uns in der Evolution oft das Leben gerettet, teilweise tut es das heute noch.

Langfristig führt ein erhöhter Stress-hormonspiegel allerdings zu den uns allzu gut bekannten Zivilisationskrankheiten, da unser System für dauerhaften Stress einfach nicht ausgelegt ist. Männer entwickeln dabei viel häufiger Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Frauen. Bei Frauen hingegen schlägt der Stress häufiger auf den Magen und den Verdauungsapparat durch. Auch chronische Nackenverspannungen und daraus resultierende Kopfschmerzen bis hin zur Migräne sind langfristige Stressauswirkungen, mit denen Frauen häufiger zu kämpfen haben. Obwohl also die gleichen Stressreize zu den gleichen Hormonausschüttungen führen, ruft das bei Frauen und Männern auf lange Sicht doch unterschiedlichen Symptome und Krankheiten hervor – unser Organismus ist schon eine Wundertüte! 

Fakt ist: Stress macht vor keinem Geschlecht halt. Und dauerhaft hoher Stress schadet der Gesundheit – immer und bei allen. Reflektieren Sie daher ganz kurz, wie es um Ihren Stresspegel bestellt ist. Und falls er dauerhaft zu hoch ist, leiten Sie sofort Gegenmaßnahmen ein. Aber vielleicht brauchen Sie diesen Appell gar nicht. Wenn Sie Courage lesen, sind Sie ja wahrscheinlich eine Frau und neigen somit ohnehin eher dazu, etwas gegen Ihren Stress zu unternehmen.

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