Nach der Tötung zweier Ukrainer mutmaßlich durch einen Russen zieht die Münchner Generalstaatsanwaltschaft die Ermittlungen an sich. Was bedeutet das für die Tatmotivation?
Im Falle der getöteten ukrainischen Soldaten in Oberbayern hat die Generalstaatsanwaltschaft München die Ermittlungen übernommen. Eine politische Tatmotivation könne nicht ausgeschlossen werden, sagte ein Sprecher der Anklagebehörde am Montagnachmittag und bestätigte damit einen «Spiegel»-Bericht. Konkret zuständig innerhalb der Behörde ist die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET).
Die beiden Männer im Alter von 23 und 36 Jahren sind am Samstagabend auf dem Gelände eines Einkaufszentrums in Murnau in Oberbayern getötet worden. Die Polizei nahm kurz darauf einen Mann fest, der als dringend tatverdächtig gilt. Es handelt sich dabei um einen 57 Jahre alten Russen. Die beiden Männer seien nach Kriegsverletzungen zur medizinischen Rehabilitation in Deutschland gewesen, berichteten ukrainische Medien.
Dass die Generalstaatsanwaltschaft die Ermittlungen an sich zieht, bedeutet nicht, dass zwingend auch eine politische Tatmotivation hinter dem Fall steckt. Laut Polizeiangaben gab es zunächst auch keine Hinweise darauf, dass der russische Angriffskrieg eine Rolle spielte. In Deutschland leben Hunderttausende Ukrainer und Russen.
Nach den bisherigen Ermittlungen kannten sich die drei Männer, wie Polizeisprecher Stefan Sonntag sagte. Details müssten noch geklärt werden. Es sei davon auszugehen, dass alle drei Alkohol konsumiert hatten. «Bei dem Tatverdächtigen haben wir eindeutige Anhaltspunkte, dass er alkoholisiert war», sagte Sonntag.
Ukrainischer Außenminister dankt Behörden
Am Tatort an einem Einkaufszentrum lagen am Montag zahlreiche Blumen und Transparente, am Boden standen Kerzen. «Die Ukrainer des Bezirks trauern zutiefst und verurteilen das Verbrechen!» war zu lesen, auf einem anderen Plakat stand «Nein – Terrorismus! Nein – Krieg! Nein – Morde! Nein – Tod!» Daneben Bilder der beiden Getöteten und die ukrainische Flagge.
Gegen den Tatverdächtigen erging bereits am Sonntag Haftbefehl. Einen Bericht des Bayerischen Rundfunks, nach dem der Tatverdächtige die Tat eingeräumt hat, bestätigte der Polizeisprecher zunächst nicht. Auch zu den Verletzungen der beiden Getöteten, die dem Vernehmen nach in Murnau behandelt wurden, äußerte er sich nicht. Es gehe hier um Persönlichkeitsrechte.
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hatte seine Diplomaten angewiesen, den Fall besonders im Blick und den ständigen Kontakt zu den Sicherheitsorganen Deutschlands zu halten, damit der Verdächtige nach der ganzen Härte des Gesetzes bestraft werde, hieß es in den Berichten vom Sonntagabend. Kuleba dankte den deutschen Behörden für die Festnahme des 57 Jahre alten Verdächtigen, wie das Internetportal «Ukrajinska Prawda» berichtete.
In der Ukraine wurde zunächst noch geklärt, in welchen Einheiten die Männer gedient hätten, hieß es in den Medienberichten aus Kiew. Es werde auch Kontakt zu den Angehörigen aufgenommen. Die Männer hatten im Landkreis Garmisch-Partenkirchen gelebt. Sie starben den Ermittlern zufolge an Stichverletzungen – der ältere der beiden direkt am Tatort, der jüngere kurze Zeit später in einem Krankenhaus. (dpa/cw)