Mit massiven Luftangriffen hat Russland viele ukrainische Kraftwerke in der Ukraine ausgeschaltet. In dieser schwierigen Lage kommt Habeck zu einem Besuch – und wird mit Luftalarm empfangen.
Vizekanzler Robert Habeck besucht die Ukraine. Bei seiner Ankunft sagte der Grünen-Politiker, der Besuch falle in eine Zeit, in der die Ukraine in ihrem Kampf um Freiheit jede Unterstützung brauche. «Und ein Kampf um Freiheit ist es.» Er fügte hinzu: «Ja, die Ukraine kämpft für ihre eigene Selbstbestimmung, für ihre territoriale Integrität gegen Putins Aggression, aber sie kämpft eben auch für die Werte, die Europa eint und ausmacht.» Noch am Donnerstagmorgen legte Habeck Blumen nieder an einer Gedenkmauer für gefallene ukrainische Soldaten.
Der Wirtschaftsminister wird begleitet von einer Wirtschaftsdelegation. Im Mittelpunkt der Reise standen die jüngsten Angriffe Russlands auf die ukrainische Energie-Infrastruktur, Nothilfe, die Stärkung der ukrainischen Wirtschaft und die Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland.
Luftalarm ausgelöst
Nur wenige Stunden nach Habecks Ankunft wurde in Kiew Luftalarm ausgelöst. Angaben der ukrainischen Luftwaffe zufolge drohte ein Raketenangriff. In der Nacht zuvor hatte es nach Angaben der Luftstreitkräfte russische Drohnenangriffe in sieben Regionen gegeben, die erfolgreich abgewehrt worden seien. Russland hat seine Raketen- und Bombenangriffe auf die Ukraine zuletzt verstärkt. Dabei haben die Angreifer zuletzt auch viele ukrainische Kraftwerke ausgeschaltet. Am Wochenende hatte die Bundesregierung angekündigt, dem Land ein weiteres Patriot-Luftabwehrsystem zu liefern.
Habeck: Putin zielt auch auf die Zivilbevölkerung
Habeck sagte, Russlands Präsident Wladimir Putin ziele neben der militärischen Zerstörung an der Front auch auf die Zivilbevölkerung. Die Ukrainer hätten ihn bei seinem letzten Besuch vor einem Jahr mit ihrer Fähigkeit zur Improvisation beeindruckt. «Die Lage ist sicherlich herausfordernd, aber die Ukrainer haben es in den letzten zwei Jahren vermocht, immer wieder Stand zu halten. Und was Deutschland tun kann zur Unterstützung, das wird es tun.»
Helmut Rauch, der Chef des Rüstungsunternehmens Diehl Defence, das die Flugabwehrsysteme Iris-T-SLM herstellt, begleitete Habeck. «Unser langfristiges Ziel ist natürlich, dass vor Ort in der Ukraine die Systeme selber gewartet werden können, repariert werden können und Ähnliches», sagte Rauch. Bisher habe Diehl drei Systeme an die Ukraine geliefert. Mithilfe des Systems wird Kiew geschützt. Ein viertes System werde sein Unternehmen in den kommenden Wochen liefern, sagte Rauch bei einem Treffen Habecks mit Vizepremier und Wirtschaftsministerin Julia Swyrydenko und Wirtschaftsvertretern. Weitere sollten noch in diesem Jahr folgen.
Habeck sagte im Anschluss, er hoffe auf die Verabschiedung des nächsten US-Hilfspakets für die Ukraine, «damit die Ukraine ihren Kampf für Freiheit erfolgreich bestehen kann.» Swyrydenko bezeichnete das Paket als «extrem wichtig». Die Ukraine habe im laufenden Jahr ein Haushaltsloch von etwa 37 Milliarden Euro. Hilfe der EU-Kommission sei wichtig. «Aber natürlich setzen wir auf diese US-Hilfe, nicht nur bei makrofinanzieller Unterstützung, sondern vor allem im Sinne militärischer Hilfe.» Mit makrofinanzieller Hilfe ist Finanzhilfe gemeint.
Deutsche Unternehmen haben Interesse an Ukraine
In den USA wird das Repräsentantenhaus voraussichtlich am Samstag über ein lange verzögertes Hilfspaket abstimmen. Für die Ukraine sind 61 Milliarden US-Dollar vorgesehen. Zudem hieß es in Washington, Präsident Joe Biden solle der Ukraine «so bald wie machbar» weittragende Raketensysteme vom Typ ATACMS zur Verfügung stellen.
Der Präsident des Bundesverbands Solarwirtschaft, Jörg Marius Ebel, begleitete Habeck ebenfalls. Er sieht in der Ukraine viel Potenzial. Solarenergie sei günstig und akzeptiert und zudem modular. «Das heißt, sie ist auch für zukünftige Angriffe sehr, sehr gut geeignet, weil sie nicht mit einem Schlag bedroht oder gar ausgeschaltet werden kann. Sie kann ungeheuer schnell installiert werden und sie ist speicherbar und ist dadurch die ideale Form, in der Ukraine Energie und Strom zu erzeugen.»
Es gebe «ein sehr großes Interesse von deutschen Unternehmen, in die Ukraine zu kommen und zu produzieren und Partnerschaften aufzubauen», sagte Habeck. Die Ukraine bewege sich auf den europäischen Binnenmarkt zu. Sie sei «ein großes Land, eines der größten Flächenländer in Europa», habe eine gut ausgebildete, junge Bevölkerung, die ideale Partnerschaften auch aus ökonomischer Perspektive biete. Die Bundesregierung bietet Unternehmen, die mit der Ukraine Geschäfte machen, Investitions- und Exportgarantien an, mit denen sie einen Großteil des Risikos übernimmt.
Habeck wollte in Kiew unter anderem Präsident Wolodymyr Selenskyj treffen. Im Anschluss reist Habeck weiter nach Moldau, wo er unter anderem mit Ministerpräsident Dorin Recean zusammenkommen will. (dpa/cw)