Eine Kamerafrau stirbt bei einem Western-Dreh durch eine Waffe, die von Alec Baldwin bedient wurde. Eine junge Waffenmeisterin erhält nun 18 Monate Haft. Auch Baldwin soll vor Gericht kommen.
Der schockierende Tod einer Kamerafrau bei Dreharbeiten zu dem Western «Rust» mit Hollywood-Star Alec Baldwin hat nun für eine junge Waffenmeisterin schwerwiegende Folgen. Hannah Gutierrez-Reed ist wegen fahrlässiger Tötung zu 18 Monaten Haft verurteilt worden – das war die mögliche Höchststrafe in diesem schlagzeilenträchtigen Fall.
Sie war auf dem Filmset für Sicherheit beim Umgang mit Waffen verantwortlich. Statt einer harmlosen Kugel befand sich scharfe Munition in der Waffe, die von Baldwin bedient wurde.
Das Gericht in Santa Fe (US-Bundesstaat New Mexico) gab das Strafmaß bekannt. Die Staatsanwaltschaft hatte die Richterin im Vorfeld der Verkündung zur Verhängung der vollen Strafe aufgefordert. Die Verteidigung bemühte sich darum, dass die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werde.
Gutierrez-Reed: Ich war jung und naiv
Richterin Mary Marlowe Sommer hatte scharfe Worte für die Waffenmeisterin. Sie habe keine Reue für ihr verantwortungsloses Handeln gezeigt, sagte Sommer im Gerichtssaal. Gutierrez-Reed habe eine sichere Waffe zu einer tödlichen Waffe gemacht und somit den Tod der Kamerafrau Halyna Hutchins verschuldet.
Die Waffenmeisterin, die während des Prozesses nicht ausgesagt hatte, ergriff erstmals das Wort. Ihr Herz schmerze für die Hutchins-Familie. Sie sei bei dem Dreh jung und naiv gewesen, habe ihre Arbeit als Waffenmeisterin aber ernst genommen, beteuerte Gutierrez-Reed. Sie lamentierte, dass sie in Presseberichten als «völliges Monster» dargestellt worden sei, obwohl das Gegenteil zutreffe.
Nach einem mehrwöchigen Prozess war die junge Frau im März von Geschworenen wegen fahrlässiger Tötung schuldig gesprochen worden. Seitdem saß sie im Gefängnis. In hellgrüner Haft-Kleidung wohnte sie am Montag einer mehrstündigen Anhörung bei, bevor die Richterin das Urteil sprach.
Mit Tränen in den Augen hörte Gutierrez-Reed zu, wie Freunde und Kollegen der getöteten Kamerafrau das Wort ergriffen und an sie erinnerten. Auch die in Kiew lebende Mutter der aus der Ukraine stammenden Kamerafrau sprach in einer emotionalen Videobotschaft über den Verlust ihrer Tochter.
Der Fall
Das tödliche Drama auf der Bonanza Creek Ranch, einem beliebten Western-Drehort in New Mexico, hatte Hollywood aufgerüttelt. Am 21. Oktober 2021 zückte Hauptdarsteller Baldwin in Westernkluft bei Proben einen Revolver. Doch statt harmloser Patronen löste sich scharfe Munition.
Die Kugel durchbohrte Hutchins (42) und traf dann den hinter ihr stehenden Regisseur Joel Souza an der Schulter. Einem Augenzeugen zufolge sagte Hutchins, als sie blutend auf dem Boden lag: «Das war nicht gut. Das war überhaupt nicht gut.» Die Mutter eines damals neunjährigen Sohnes starb kurz danach.
Schon kurz nach dem Vorfall wurden Vorwürfe und Mutmaßungen laut. Mitarbeiter der Filmcrew beklagten Nachlässigkeit und mangelnde Sicherheit am Set, die unerfahrene Waffenmeisterin sei überfordert gewesen. Sie hatte den Revolver geladen, der dann Baldwin gereicht wurde.
Wie die scharfe Munition an das Set kam, war eine der Kernfragen bei dem Prozess. Neben Platzpatronen und sogenannten Dummy-Patronen fanden die Ermittler sechs echte Patronen. Eine davon wurde beim Laden in die Revolvertrommel eingelegt.
Baldwin ebenfalls vor Gericht
Die Anklage hielt der Waffenmeisterin vor, Sicherheitsvorkehrungen missachtet und die Munition nicht geprüft zu haben. Ihr Verteidiger wiederum macht Hauptdarsteller und Produzent Baldwin sowie andere Mitwirkende der «Rust»-Produktion für mangelnde Sicherheit am Set verantwortlich.
Als Nächstes muss sich Baldwin auf der Anklagebank verteidigen. Der Prozess gegen den 66 Jahre alten Hollywoodstar wegen fahrlässiger Tötung ist für Juli geplant. Bereits im Januar 2023 war Anklage gegen den Schauspieler erhoben, aber wenige Monate später wieder fallen gelassen worden. Nach weiteren Ermittlungen wurde Baldwin zu Jahresbeginn dann neu belangt.
Er hatte in Interviews wiederholt seine Unschuld beteuert und auch behauptet, dass er den Abzug der Waffe nicht betätigt habe. «Wir freuen uns auf unseren Tag vor Gericht», erklärte sein Anwaltsteam im Januar. Nach der Höchststrafe für die Waffenmeisterin steht auch für Baldwin viel auf dem Spiel. (dpa/aig)