Israel: Netanjahu entlässt Verteidigungsminister Galant

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat seinen Verteidigungsminister Joav Galant entlassen.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat seinen Verteidigungsminister Joav Galant entlassen. Foto: Shir Torem/POOL FLASH 90/AP/dpa
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Mitten im Krieg schasst Israels Regierungschef seinen Verteidigungsminister Galant. Das Vertrauen sei verloren gegangen. Die Entscheidung löst einen Sturm der Entrüstung aus.

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu hat Verteidigungsminister Joav Galant mitten im Krieg gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen und die Hisbollah-Miliz im Libanon entlassen. Er habe das Vertrauen in den Minister verloren, hieß es in einer Mitteilung aus dem Büro des Regierungschefs. Nachfolger solle der bisherige Außenminister Israel Katz werden, dessen Amt der bisherige Minister ohne Geschäftsbereich Gideon Saar übernimmt. Die Entlassung wurde von der Opposition scharf kritisiert. In Tel Aviv und anderen Städten des Landes gingen Tausende spontan auf die Straße, um gegen Netanjahu zu demonstrieren.

«Obwohl in den ersten Monaten des Krieges Vertrauen herrschte und die Arbeit sehr fruchtbar war, ist dieses Vertrauen zwischen mir und dem Verteidigungsminister in den vergangenen Monaten leider zerbrochen», schrieb Netanjahu. Galant habe Entscheidungen getroffen und Erklärungen abgegeben, die den Entscheidungen des Kabinetts widersprochen hätten, fügte der Ministerpräsident hinzu. Die meisten Kabinettsmitglieder stimmten mit ihm überein, sagte Netanjahu.

Galant: «Die Sicherheit des Staates Israel war immer meine Lebensaufgabe»

Natanjahu bezeichnete es als seine höchste Pflicht, die Sicherheit Israels aufrechtzuerhalten und das Land zu einem vollständigen Sieg zu führen. Auch Galant äußerte sich. «Die Sicherheit des Staates Israel war immer meine Lebensaufgabe und wird es immer bleiben», betonte er.

Netanjahu hatte Galant im März vergangenen Jahres schon einmal entlassen, nachdem dieser öffentlich zu einem Stopp der umstrittenen Pläne für einen Justizumbau aufgerufen und davor gewarnt hatte, dass die nationale Sicherheit schweren Schaden nehmen könnte. Auf seine Entlassung folgten heftige Proteste und ein Generalstreik. Der Regierungschef setzte damals die Pläne aus, Galants Entlassung wurde später rückgängig gemacht.

Kritik der Opposition

Mitglieder der Opposition kritisierten die Netanjahus Entscheidung. Oppositionsführer Jair Lapid bezeichnete die Entlassung Galants mitten im Krieg als einen «Akt des Wahnsinns». Er rief die Israelis zu Protesten auf. «Geht auf die Straße», schrieb auch der Vorsitzende der oppositionellen Arbeitspartei, Jair Golan, auf der Plattform X. In Jerusalem und Tel Aviv folgten sofort Hunderte dem Aufruf, wie die Zeitung «Times of Israel» berichtete.

«Politik auf Kosten der nationalen Sicherheit», monierte der Vorsitzende der Nationalen Union, Benny Gantz, ehemaliges Mitglied von Netanjahus inzwischen aufgelöstem Kriegskabinett. Der rechtsgerichtete Polizeiminister Ben Gvir hingegen begrüßte die Entlassung. Mit Galant sei es «unmöglich, einen vollständigen Sieg zu erringen», sagte er.

Medien: Galant auf Konfrontationskurs zum Militär

Israelische Medien hatten schon vor geraumer Zeit berichtet, Galant habe sich gegen eine große militärische Operation im Libanon ausgesprochen, während Militärkreise dafür gewesen seien. Auch Netanjahu habe zumindest nach außen die Forderung nach einer Militäroperation unterstützt. Galant habe dagegen den diplomatischen Bemühungen um eine Einigung mit der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah und eine Gaza-Waffenruhe mehr Zeit geben wollen. Zudem forderte Galant noch am Tag seiner Entlassung die Einberufung Tausender orthodoxer Juden zum Militär, was rechtsreligiöse Koalitionspartner Netanjahus vehement ablehnen.

Demonstranten in Tel Aviv: «Bibi ins Gefängnis»

In der Mittelmeermetropole Tel Aviv und anderswo gingen spontan Tausende Menschen auf die Straße, um gegen die Entlassung und gegen Netanjahu zu demonstrieren. In Tel Aviv blockierten sie die wichtige Stadtautobahn Ajalon mit brennenden Autoreifen und skandierten «Bibi ist ein Verräter», «Bibi ins Gefängnis» und «kriminelle Regierung», wie eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur berichtete.

Demonstranten in Tel Aviv berichteten von ihrer Sorge, dass Netanjahu weitere wichtige Leute aus dem Sicherheitsapparat wie etwa Generalstabschef Herzi Halevi oder den Chef des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, Ronen Bar, feuern könnte. Netanjahus Büro dementierte jedoch entsprechende Spekulationen der Medien. Andere Teilnehmer vermuteten, dass Netanjahu mit der Entlassung Galants von dem Skandal um Geheiminformationen ablenken wolle, die von Mitarbeitern im Umfeld seines Büros an die Presse durchgestochen worden waren.

Der TV-Sender Channel 12 berichtete am Abend von einer Razzia der Polizei in Netanjahus Büro. Es sei nicht klar, ob diese Durchsuchung mit dem Skandal um Geheimnisverrat oder mit einem weiteren Ermittlungsverfahren im Umfeld des Büro des Regierungschefs zusammenhänge.

Israel ist in einen zähen Mehrfrontenkrieg gegen die Hamas im Gazastreifen sowie die ebenfalls mit dem Iran verbündete Hisbollah-Miliz im Libanon verwickelt. Zudem wird das Land von irantreuen Milizen in Syrien, dem Irak und dem Jemen angegriffen. Auch der seit Jahrzehnten schwelende Konflikt mit dem Iran selbst ist inzwischen offen ausgebrochen. Israel bereitet sich zurzeit auf einen möglichen Gegenschlag des Irans vor. Auslöser des Krieges war das Massaker der Hamas und anderer Extremisten aus dem Gazastreifen in Israel am 7. Oktober 2023 mit 1.200 Toten und etwa 250 Verschleppten. (dpa/cw)

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