Einst war einer Bundesfinanzminister, der andere Kanzler – dann folgte das Zerwürfnis. Viele Jahre später äußert sich Lafontaine durchaus wohlwollend über Schröder.
Rund 25 Jahre nach seinem Rückzug aus dem Bundeskabinett von Gerhard Schröder (SPD) hat sich Oskar Lafontaine positiv über den Altkanzler und seinen einstigen Widersacher geäußert. Mit Blick auf die Gesamtbilanz Schröders sagte Lafontaine dem Nachrichtenmagazin «Spiegel»: «Ich versuche, sie fair zu bewerten, und vergleiche Schröder mit Merkel und Scholz. Unterm Strich schneidet Schröder nicht schlecht ab.» Der derzeitige Kanzler Olaf Scholz (SPD) sei für ihn «eine große Enttäuschung».
Der in Saarlouis geborene Lafontaine war einst Ministerpräsident des Saarlandes, SPD-Kanzlerkandidat, SPD-Bundesvorsitzender, Bundesfinanzminister, Mitgründer der Linkspartei und deren Partei- und Fraktionsvorsitzender im Bundestag. 2005 war er aus der SPD ausgetreten, 2022 kehrte er der Linkspartei den Rücken.
Angela Merkel sei als Kanzlerin immer der US-Politik gefolgt, sagte Lafontaine. Schröder habe den Mut gehabt, Fehler zuzugeben. «Er räumte zum Beispiel ein, dass der Krieg in Jugoslawien völkerrechtswidrig war», sagte er. «Und er hat Stehvermögen.» Lafontaine erklärte: «Dass er im Gegensatz zu Merkel, Steinmeier und allen anderen nicht eingeknickt ist, wenn es um die Beziehung zu Russland geht, zeigt das.»
Die beiden Ex-SPD-Granden, zwischen denen über Jahrzehnte Funkstille herrschte, hatten sich im vergangenen Jahr bei einem Treffen im saarländischen Merzig versöhnt. Er habe Schröder zu dessen 80. Geburtstag angerufen, erzählte der gleichaltrige Lafontaine nun. Es sei ein schönes und freundliches Telefonat gewesen. «Mit zeitlichem Abstand ist es leichter, mit Differenzen umzugehen.» (dpa/wr)