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Vermögensverwaltung nur für Reiche?

Foto: Standret/AdobeStock
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Plötzlich geerbt? Eine Abfindung kassiert? Eine Firma verkauft? Oder eine Immobilie? Dann kommt vielleicht die Idee auf, das Geld von Profis managen zu lassen. Was Vermögensverwaltungen bringen

von Anne Hünninghaus

Es ist schon einige Jahre her, dass Anke Hiltrup gemeinsam mit ihrem Mann Bernd erstmals die Vermögensverwaltung von Petra Ahrens am Kölner Rheinufer betrat. „Mit Finanzen hatte ich nie etwas am Hut“, erinnert sich die 61-jährige. Ihr Mann hatte zwar hin und wieder Aktien gekauft, doch nachdem sie im Verlauf der Finanzkrise 2008 einen fünfstelligen Betrag verloren hatten, wuchs das Bedürfnis, die Ersparnisse in professionelle Hände zu geben. „Ich wollte ruhig schlafen können, weil sich jemand darum kümmert, unser Geld anzulegen“, sagt Anke Hiltrup. Auf ein selbst gepflegtes Depot bei einer Onlinebank hatte sie keine Lust mehr: „Das war uns zu anonym, wir wollten einen persönlichen Kontakt zu jemandem, dem wir vertrauen können, eine Durchwahl und die Möglichkeit, sich auch mal vor Ort zu treffen, um Finanzielles zu besprechen.“

Millionärinnen bevorzugt?

Die Anlagesumme der Hiltrups betrug damals rund 100.000 Euro. Keine Frage, ein stattlicher Betrag. Aber damit zu einer Vermögensverwaltung gehen? Das mag manche irritieren. „Die landläufige Vorstellung ist nach wie vor, dass man quasi Millionär:in sein sollte, um zu uns zu kommen“, sagt Petra Ahrens und seufzt. Tatsächlich gibt es bei den meisten Vermögensverwaltungen Untergrenzen: Damit sich die Mandate für sie auszahlen, verlangen die Häuser oft, dass Kundinnen oder Kunden 250.000 Euro, teils noch mehr, mitbringen sollen. „Wealth Management“ wird hier wörtlich genommen.

Ahrens und ihre Verwaltung Maiestas setzen keinen solchen Mindestbetrag an und sind damit eher die Ausnahme. „Ich freue mich, wenn zu Beispiel eine Lehrerin zu mir kommt, die 30.000 Euro auf der hohen Kante hat und bei uns fürs Alter anlegen möchte“, sagt Ahrens. Der durchschnittliche Anlagebetrag ihrer Kundschaft liegt aber weit darüber, nämlich bei 360.000 Euro. Viele Menschen, die über keine allzu großen Reichtümer verfügen, wenden sich auf der Suche nach Unterstützung eher an eine Vermögensberatung. Der Unterschied: Während Beratungen lediglich Empfehlungen für die Finanzanlage aussprechen, managen Verwalter und Verwalterinnen die Kundengelder aktiv, setzen jede Entscheidung am Kapitalmarkt selbst um.

Bange Frage: Wohin mit dem Geld?

Zu Ahrens kommen seit einigen Jahren zunehmend Frauen. „Vielen fehlt die Zeit, sich selbst um ihre Finanzen zu kümmern, obwohl ihnen das Thema wichtig ist“, sagt die Vermögensverwalterin. Häufig gebe es einen konkreten Anlass. Wenn jemand etwa Omas Haus geerbt und verkauft hat und unsicher ist, wie die 400.000 Euro nun am klügsten investiert werden können. Die Zeiten sind unruhig, das schürt offenbar den Bedarf nach professioneller Unterstützung. Erst sorgte Corona, dann der Krieg in der Ukraine für Turbulenzen an den Märkten. Einst sicher geglaubte Techwerte stürzten zwischenzeitlich ab, die Zinsentwicklung stellte viele Privatanlegerinnen vor Rätsel: Wohin mit meinem Geld?

Wer eine Vermögensverwaltung kontaktiert, muss erstmal ein paar Fragen beantworten: nach der eigenen Finanzerfahrung, der Risikobereitschaft und der Renditeerwartung. Auch klopfen die Geldprofis die Lebenssituation ab: Gibt es einen angemessenen Notgroschen jenseits der Anlagesumme, Immobilien oder weitere Sicherheiten? Wäre es dramatisch oder verkraftbar, wenn schlimmstenfalls zehn Prozent des investierten Geldes verloren gingen? Nach den Antworten richten die Profis die Strategie aus. Gewähr, dass eine satte Rendite herausspringt und es nicht zu Verlusten kommt, gibt es dabei nicht. „Auch wir haben natürlich keine Kristallkugel“, sagt Ahrens. „Aber ich zeige meinen Kund:innen am Anfang Referenzdepots mit verschiedenen Portfoliokonstruktionen und kann anhand der Charts demonstrieren, wie sie sich in den vergangenen Jahren entwickelt haben.“

Stimmt das Gegenüber dem Anlagevorschlag zu, machen sich Ahrens und ihr Team ans Werk und kaufen mit der vereinbarten Summe die entsprechenden Wertpapiere ein: meist vor allem Aktien, ETFs und Fonds, Anleihen und andere Zinsprodukte und auf Wunsch auch Edelmetalle wie Gold. Wichtig ist: Damit die Kundinnen jederzeit einen Teil der Summe wieder entnehmen können, kommen nur Anlageklassen infrage, bei denen ein sofortiger Verkauf möglich ist. Das schließt etwa Crowdinvestments oder Immobilienfonds aus. Grundsätzlich ist dennoch ein langfristiger Anlagehorizont von Vorteil. Die meisten von Ahrens Kundinnen lassen ihr angelegtes Vermögen über Jahrzehnte weitgehend unangetastet.

Wer das eigene Geld von Experten und Expertinnen anlegen lässt, hat meist die Wahl zwischen zwei verschiedenen Verfahren: der standardisierten und der individuellen Vermögensverwaltung. Viele Häuser arbeiten am liebsten mit Standards. Das heißt, die Kundschaft wird je nach Anlagesumme und Risikopräferenz in verschiedene Kategorien eingeteilt, für die die Vermögensverwaltung jeweils eine Strategie ausgearbeitet hat. Gerade wenn sie auch niedrigere Anlagebeträge akzeptieren, könnten Verwaltungen nicht profitabel arbeiten, würden sie für jede und jeden eine individuelle Strategie entwerfen. Wer aber eine hohe Summe anlegt und sehr konkrete Vorstellungen davon hat, wie sie investiert werden soll, kann der vorgefertigten Strategie individuell ausgewählte Bausteine hinzufügen. Ahrens hat schon häufiger die Erfahrung gemacht, dass eine Kundin zu Beginn auf eine individuelle Verwaltung besteht, mehr Mitspracherecht haben will: „Wenn sie mit der Zeit aber merken, dass unsere bereits ausgearbeiteten Strategien stimmig sind, willigen sie oft in das standardisierte Vorgehen ein.“

Märkte immer im Blick

Natürlich ist es mit der einmaligen Anlage des Vermögens nicht getan. Schließlich handeln Vermögensverwaltungen nicht nach dem „Buy and Hold“-Prinzip, sondern managen das Portfolio aktiv. Deutet sich ein Wandel an den Märkten an, etwa ein Zinsanstieg, Lieferengpässe bei Halbleitern oder steigende Energiekosten, dann schichten die Verwaltungen entsprechend um. Dafür behalten Ahrens und ihre Kollegen mögliche Einflussfaktoren auf dem Radar: „Sollte sich etwa andeuten, dass Donald Trump erneut zum amerikanischen Präsidenten gewählt wird, werden wir – gemäß dessen ,America first’-Devise – mehr auf US-Aktien setzen.“

Alle strategischen Justierungen teilen die Geldprofis den Anlegerinnen mit. Gleiches gilt, wenn sich Risiken nennenswert verändern. Dass man sein Geld von Fremden verwalten lässt, bedeutet nicht, dass man keinen Einblick ins Depot bekommt: Die Kundinnen haben einen eigenen Onlinezugang. Wie häufig gemeinsame Termine stattfinden, überlassen die meisten Verwaltungen den individuellen Kommunikations- und Kontrollbedürfnissen ihrer Klientel. So ist es auch bei Maiestas. „Eine Kundin von mir kommt einmal im Monat persönlich vorbei, anderen reicht es, wenn wir einmal jährlich telefonieren.“

Neben dem Aufsetzen des Portfolios, dessen Pflege und den Informationspflichten umfasst die Dienstleistung der Vermögensverwaltung oft auch eine allgemeine Beratung in Finanzfragen. Ahrens’ Klientinnen melden sich häufig, wenn eine große Anschaffung wie der Kauf einer Immobilie ansteht, oder bitten um Beratung, wie sie im Zuge einer Heirat oder Scheidung umplanen müssen. Auch die Erbschaftsregelung ist immer wieder Thema. Hier wird frühzeitig vereinbart, was mit dem Depot nach dem Tod des Kunden oder der Kundin geschehen soll. Oft bleiben die Erben der Verwaltung dann weiterhin als Kunden treu.

Pauschale Gebühr

All diese Leistungen haben natürlich einen Preis. Was so ein Rundumpaket kostet, ist individuell und je nach Verwaltung unterschiedlich. Die Honorare werden zu Beginn der Beratung bestimmt. Private Vermögensverwaltungen verlangen für die Geldanlage meist eine pauschale Gebühr zwischen einem und zwei Prozent pro Jahr auf das gesamte Vermögen. Je nach Anlagesumme schlägt das also durchaus zu Buche. „Sie müssen einen ordentlichen Teil Ihres Vermögens abgeben, weil die Verwaltung daran verdienen will“, sagt Niels Nauhauser, Abteilungsleiter des Fachbereichs Altersvorsorge, Banken, Kredite bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

Er steht Vermögensverwaltungen aber vor allem aus einem anderen Grund gegenüber: „Sie werben gerne mit den Vorteilen, die Anleger dank des aktiven Managements und der Einzelselektion der Titel im Gegenzug bekommen. Aber es gibt keinerlei Belege dafür, dass dieses Vorgehen mehr Rendite einbringt als eine Buy-and-Hold-Strategie.“ Besonders skeptisch blickt der Verbraucherschützer auf die Vermögensverwaltungen von Banken. Denn die sind im Gegensatz zu unabhängigen Dienstleistern ins Vertriebsgeflecht der Bank integriert und wählen daher nicht unbedingt die Produkte aus, die sich für die Kundinnen am besten eignen. Nauhauser rät daher in der Regel, die Finanzen selbst in die Hand zu nehmen. „Es sei denn, das Paket, das Verwaltungen bieten, etwa die Bequemlichkeit und Zeitersparnis, ist einem das Geld wert. Das sollte man sich gut überlegen“, sagt er.

Börsenkrisen einfach ignoriert

Die Hiltrups sind mit ihrer Entscheidung im Reinen. Einmal mehr, nachdem es Anfang 2020 in der Familie zur Katastrophe kam. Bei Bernd Hiltrup wurde eine Gehirntumor festgestellt, das Leben des Paares änderte sich von einem Augenblick auf den anderen. Anke Hiltrup benötigte Geld, später auch für den Umbau eines ererbten Hauses. „Da habe ich bei der Vermögensverwaltung abgeklopft und war froh, wie unkompliziert das gelaufen ist.“

Während der persönlich belastenden Zeit wurden die Märkte durch Corona und den Krieg erschüttert. Doch bis auf gelegentliche Updates blieb Anke Hiltrup unbehelligt, konnte das, was da vor sich ging, weitgehend ignorieren. Mit der Rendite, sagt ihr Mann, seien sie im Großen und Ganzen zufrieden. Klar, die Kinder würden hin und wieder sagen: „Geht doch zu einer Onlinebank, da könnt ihr günstiger anlegen“, aber man schätze das Vertrauensverhältnis, die feste Ansprechperson. (ag)

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