Abrechnungen der früheren Elsflether Werft sollen systematisch falsch gewesen sein. Der Gesamtschaden wird auf rund 7,2 Millionen Euro beziffert. Sechs mutmaßlich dafür Verantwortliche sind angeklagt.
Nach der teuren Reparatur des Marine-Segelschulschiffs «Gorch Fock» hat in Oldenburg ein Betrugs- und Korruptionsprozess begonnen. Die Staatsanwaltschaft klagte zunächst zwei 55 Jahre alte Ex-Vorstände der früheren Elsflether Werft wegen gewerbsmäßigen Betrugs in einem besonders schweren Fall an. Die Anklage wirft ihnen unter anderem vor, das Marinearsenal in Wilhelmshaven systematisch betrogen zu haben. Das Arsenal ist für die Einsatzfähigkeit der Deutschen Marine zuständig.
Die Elsflether Werft bei Bremen war mit der Instandsetzung der «Gorch Fock» beauftragt worden. 2019 meldete sie Insolvenz an und wurde verkauft. Insgesamt stehen sechs Angeklagte in dem Prozess vor Gericht. Das Verfahren ist vom Gericht in die Weser-Ems-Hallen in Oldenburg verlegt worden.
Um Aufträge zu erfüllen, arbeitete die Werft mit Subunternehmen zusammen. Von den Subunternehmen habe die Werft Preisnachlässe gefordert und bekommen – was grundsätzlich erlaubt gewesen sei. Jedoch soll die Werft das Marinearsenal verbotenerweise nicht über die Vergünstigungen informiert haben. Die Vorstände sollen das Vorgehen veranlasst oder gebilligt haben.
7,2 Millionen Euro Schaden
Die Anklage betrifft außer der «Gorch Fock» weitere zehn Instandsetzungsprojekte der Werft. Der Gesamtschaden aufgrund der mutmaßlich falschen Rechnungen wird in der Anklage auf rund 7,2 Millionen Euro beziffert. Davon sollen lediglich etwa 250.000 Euro auf die «Gorch Fock» entfallen.
Den Ermittlern zufolge begannen die Arbeiten der Elsflether Werft an der «Gorch Fock» im Januar 2016. Innerhalb von rund vier Monaten sollte der Dreimaster ertüchtigt werden. Es dauerte aber mehr als fünfeinhalb Jahre, bis die Marine das Segelschiff zurückbekam. Die Bremer Lürssen-Werft stellte die «Gorch Fock» letztlich fertig.
Die Kosten stiegen den Ermittlern zufolge von 9,6 Millionen Euro auf 135 Millionen Euro. Das damals von Ursula von der Leyen (CDU) geführte Bundesverteidigungsministerium räumte erhebliche Fehler ein.
Außer den Ex-Vorständen angeklagt sind eine ehemalige Vorstandsassistentin (32), ein Kostenprüfer des Marinearsenals (67), ein Ex-Chef eines früheren Subunternehmens (53) und eine frühere Angestellte dieser Firma (38). Ein Verfahren gegen einen weiteren Mann trennte das Gericht ab, weil er krank ist.
Die ehemalige Vorstandsassistentin soll unerlaubt Bankgeschäfte betrieben haben. Dem Kostenprüfer legt die Anklage Vorteilsannahme in sieben Fällen zur Last. Die Vertreter des Subunternehmens sollen sich in drei Fällen der gemeinschaftlichen Vorteilsgewährung schuldig gemacht haben.
Prozess zieht sich
Heute befasste sich das Gericht zunächst mit den Betrugsvorwürfen gegen die zwei Ex-Vorstände. Die Verlesung der Anklage dauerte mehrere Stunden. Morgen soll der Prozess fortgesetzt werden. Einlassungen sind laut Sprecher möglich. Zu den ersten zwei Verhandlungsterminen waren keine Zeugen geladen. Das Gericht hat zunächst Termine bis zum 11. Dezember angesetzt.
Auf der «Gorch Fock» sammelten nach Angaben der Bundeswehr seit 1958 etwa 15.000 Offizieranwärter Erfahrung auf See. Das Schiff fuhr auf Ausbildungsreisen annähernd 390 Häfen in rund 60 Ländern an und legte dabei mehr als 750.000 Seemeilen zurück. Das entspricht etwa 35 Erdumrundungen. (dpa/ag)