Sie kennen sich seit langem – aber dicke Freunde werden sie wohl nicht mehr. Bundespräsident Steinmeier trifft sich in Ankara mit Staatspräsident Erdogan. Es stehen heikle Themen auf der Agenda.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist zum Abschluss seines dreitägigen Besuchs in der Türkei mit Staatschef Recep Tayyip Erdogan zusammengetroffen. Zum Auftakt begrüßte dieser in Ankara seinen Gast aus Deutschland mit militärischen Ehren, einschließlich Salutschüssen. Anschließend zogen sich beide zu einem längeren Gespräch zurück.
Eine zentrale Rolle dürfte darin der Gaza-Krieg spielen, zu dem Deutschland und die Türkei sehr unterschiedliche Positionen haben. Die deutsche Seite ist irritiert von Erdogans Haltung zur islamistischen Hamas, die für das Massaker am 7. Oktober in Israel verantwortlich ist, von Erdogan aber als Befreiungsorganisation bezeichnet wird. Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu wirft er ein «Massaker» im Gazastreifen vor und vergleicht ihn bisweilen mit Adolf Hitler. Erdogan unterhält enge Kontakte zur Hamas. Am Wochenende hatte er sich mit deren Auslandschef Ismail Hanija getroffen.
Steinmeier dürfte auch die Menschenrechtslage ansprechen. Noch immer sitzen wichtige Vertreter der Zivilgesellschaft wie der Kulturförderer Osman Kavala in Haft. Die Organisation Reporter ohne Grenzen appellierte an Steinmeier vor Beginn seiner Reise, auf die Freilassung inhaftierter Medienschaffender zu drängen.
Vor dem Rückflug wollte sich Steinmeier auch mit dem Vorsitzenden der Oppositionspartei CHP, Özgür Özel, treffen. Diese hatte bei den Kommunalwahlen Ende März einen Triumph über Erdogans islamisch-konservative AKP erzielt, die nun erstmals in ihrer Geschichte nicht mehr stärkste Kraft im Land ist. Am Vormittag hatte Steinmeier zunächst im Mausoleum für den Begründer der Republik Türkei, Kemal Atatürk, einen Kranz niedergelegt. (dpa/cw)