Monatelang gab es keine US-Hilfen für die Ukraine mehr. Nun hat der Kongress neue Mittel freigeben. Mit der Lieferung neuer Waffen könnte es jetzt schnell gehen.
Nach einer monatelangen Hängepartie hat der US-Kongress mit der Zustimmung des Senats milliardenschwere Hilfen für die von Russland angegriffene Ukraine gebilligt. US-Präsident Joe Biden will das Gesetz, das Hilfen im Umfang von rund 61 Milliarden US-Dollar (57 Milliarden Euro) für Kiew vorsieht, bereits heute unterzeichnen.
Noch in dieser Woche solle mit der Lieferung von Waffen und Ausrüstung an die von Russland angegriffene Ukraine begonnen werden, kündigte Biden unmittelbar nach Freigabe der neuen Milliardenhilfen durch das Parlament an.
79 der 100 Senatorinnen und Senatoren votierten bei der Abstimmung für das Gesetz, das auch Milliardenhilfen für Israel und Taiwan enthält, 18 dagegen. Die Zustimmung in der Parlamentskammer, in der die Demokraten eine Mehrheit haben, galt als sicher. Das Repräsentantenhaus hatte den Gesetzentwurf bereits am Wochenende gebilligt. Der Abstimmung dort war eine monatelange Blockade vorausgegangen.
Biden sagte, das Parlament sei nun «dem Ruf der Geschichte» gefolgt und habe die Macht der amerikanischen Führung in der Welt demonstriert. Es bestehe dringender Unterstützungsbedarf: Für die Ukraine, die einem unerbittlichen Bombardement aus Russland ausgesetzt sei, und für Israel, das sich in jüngster Vergangenheit beispiellosen Angriffen aus dem Iran ausgesetzt gesehen habe. «Dieses wichtige Gesetz wird unsere Nation und unsere Welt sicherer machen, da wir unsere Freunde unterstützen, die sich gegen Terroristen wie die Hamas und Tyrannen wie Putin verteidigen.»
Pentagon: Ukraine-Hilfe «innerhalb weniger Tage» lieferbar
Die Ukraine dürfte zeitnah erste US-Hilfen erhalten. Das Pentagon hat übereinstimmenden US-Medienberichten zufolge bereits ein erstes Paket mit umfassenden Militärhilfen vorbereitet, um der Ukraine die Hilfen nach Unterzeichnung des Gesetzes durch den Präsidenten so schnell wie möglich zur Verfügung zu stellen. Pentagon-Sprecher Pat Ryder sagte, man sei in der Lage «innerhalb weniger Tage» neue Militärhilfe zu liefern. Im mehr als zwei Jahre dauernden Angriffskrieg Russlands gelten die USA als wichtigster Verbündeter der Ukraine.
Das Paket sieht unter anderem Mittel für die Aufstockung des US-Militärbestands vor. Dieses Geld geht somit nur indirekt an die Ukraine, da die USA das von Russland angegriffene Land in der Regel mit Ausrüstung aus eigenen Beständen ausstatten. Der Rest ist für weitere militärische Unterstützung und Finanzhilfe auch in Form von Darlehen vorgesehen. Der Text dringt außerdem auf die Lieferung der weittragenden Raketensysteme vom Typ ATACMS. Bisher haben die USA ATACMS mit einer Reichweite von 165 Kilometern geliefert. Die Ukraine wünscht sich aber Systeme mit einer Reichweite von 300 Kilometern.
Anfang der Woche hatten Biden und der ukrainischen Präsidenten Wolodymr Selenskyj miteinander telefoniert. Selenskyj sagte im Anschluss, es seien Details zur Lieferung neuer reichweitenstarker Raketen vom Typ ATACMS «finalisiert» worden. Selenskyj machte noch keine Angaben dazu, welches Modell ATACMS die USA liefern wollten.
Auch Hilfen für Israel und Taiwan sowie TikTok-Verbot
Neben der Hilfen für die Ukraine billigte der Senat gut 26 Milliarden US-Dollar an Unterstützung für Israel. Damit sollen zum Beispiel Israels Raketenabwehr und die laufenden Militäroperationen der USA in der Region finanziert werden. Rund neun Milliarden US-Dollar sind für humanitäre Unterstützung gedacht, darunter für die Menschen im Gazastreifen. In dem Paket sind zudem rund acht Milliarden US-Dollar an Unterstützung für Taiwan und den Indopazifik-Raum enthalten.
In dem Gesetz ist auch eine Passage enthalten, die einen Eigentümerwechsel bei der Kurzvideo-App Tiktok erzwingen soll. Der in China ansässige Bytedance-Konzern hätte nach Inkrafttreten des Gesetzes maximal ein Jahr Zeit, sich von Tiktok zu trennen. Ansonsten soll die App aus amerikanischen App-Stores verbannt werden. Unklar ist, ob das Vorhaben vor US-Gerichten bestehen kann. Schon eine früheren Verbotsdrohung scheiterte dort.
Lange Blockade wegen Streit um Ukraine-Hilfen
Der Abstimmung im Repräsentantenhaus vorausgegangen war eine monatelange Blockade. Wegen der Ukraine-Hilfen tobte in der von den Republikanern dominierten Kammer ein Machtkampf. Der Vorsitzende Mike Johnson stand unter großem Druck vom rechten Rand seiner Partei und verhinderte die Abstimmung in seiner Kammer lange Zeit.
Die Hardliner drohten ihm mit einem Misstrauensvotum. Sie lehnen weitere US-Hilfen für die Ukraine vehement mit der Argumentation ab, Steuergelder sollten zuallererst für den Schutz der eigenen Grenze ausgegeben werden und nicht für den Schutz anderer Länder.
Die bisherigen US-Hilfen für die Ukraine waren ausgelaufen. Kiew ist auf die Unterstützung der USA angewiesen. Seit Kriegsbeginn im Februar 2022 hat die Regierung von Präsident Biden militärische Hilfe im Umfang von mehr als 44 Milliarden US-Dollar für Kiew bereitgestellt. Hinzu kommen noch weitere Milliarden an nichtmilitärischer Finanzhilfe. (dpa/ag)