Klassische Spionage, Cyberangriffe, wirtschaftliche Abhängigkeiten schaffen, Technologie absaugen – deutsche Behörden beobachten verschiedene Methoden chinesischer Geheimdienste.
Wenige Tage nach der Festnahme von vier mutmaßlichen Spionen hat der Verfassungsschutz deutsche Unternehmen eindringlich vor Naivität im Umgang mit autoritären Staaten wie China gewarnt.
«Wir sehen zunehmend Versuche der Einflussnahme mit illegitimen Mitteln auf Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, aber auch klassische Spionage», sagte der Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Sinan Selen, zum Auftakt einer gemeinsamen Veranstaltung der Behörde und der Allianz für Sicherheit in der Wirtschaft (ASW). Es sei höchste Zeit, hier zu einer realistischeren Einschätzung zu kommen. Da, wo deutsche Manager zu optimistisch gewesen seien, «lasse sich beobachten, dass sich diese Unternehmen praktisch aufgelöst haben».
Der Verfassungsschutz weist laut Selen bereits seit langem auf die Risiken einer verpflichtenden Software für Steuern hin, die einen umfassenden Zugriff staatlicher Stellen auf Unternehmensinterna erlaubt. Die Tagung in Berlin stand unter dem Motto «Chinas Streben in der Welt – Auswirkungen auf die Sicherheit deutscher Unternehmen und die Politik».
Am Montag war in Dresden ein Mitarbeiter des AfD-Europaabgeordneten Maximilian Krah festgenommen worden. Er soll für einen chinesischen Geheimdienst tätig sein. Krah war auch innerhalb seiner Partei in den vergangenen Jahren mit besonders unkritischen Positionen zu China und Russland aufgefallen. Kurz zuvor waren drei mutmaßliche Spione in Düsseldorf und Bad Homburg festgenommen worden. Die beiden Männer und eine Frau sollen in Deutschland Informationen über Militärtechnik beschafft haben, um sie an den chinesischen Geheimdienst weiterzugeben.
BfV-Vize: Notwendig, Risiken zu erkennen
Selen sagte, die chinesische Führung sei auf dem Weg zu ihrem langfristigen Ziel, der «Weltführerschaft», unter anderem stark interessiert an Know-how zu Robotik, Luft- und Raumfahrt und Automatisierung. Der BfV-Vize erklärte, Abschottung sei keine Lösung. Notwendig sei es vielmehr, Risiken zu erkennen. Es gehe darum, Abhängigkeiten – insbesondere in Schlüsseltechnologien – zu reduzieren und robuste Sicherheitsmaßnahmen umzusetzen. China sei stark darauf ausgerichtet, wirtschaftliche Abhängigkeiten zu schaffen, um diese künftig politisch nutzen zu können, sagte die Leiterin des China-Zentrums der Hochschule Bremen, Sandra Heep.
Der ASW-Vorstandsvorsitzende, Alexander Borgschulze, sagte, beim Schutz vor Industriespionage gehe es nicht nur um einzelne Unternehmen, sondern auch um «fremde Mächte, die systematisch versuchen, die Bundesrepublik zu schwächen». (dpa/aig)