Ich lese Tucholski und spreche mit mir selbst:
„Ja, das möchste! Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse.”
Nein, nur eine bezahlbare Wohnung.
„Im Stall: Zwei Ponys, vier Vollbluthengste, acht Autos, Motorrad – alles lenkste natürlich selber – das wär ja gelacht! Und zwischendurch gehst du auf Hochwildjagd.”
Nein, nur die freie Wahl zwischen Verbrenner und Elektro.
„Ja, das möchste!“
Bill Gates hat sich überraschenderweise vom strikten Klimakurs abgewandt. Plötzlich scheint alles nicht mehr dringend. Im Gegenteil: Er warnt sogar vor einer Katastrophenansicht des Klimawandels. Plötzlich steht der Weltuntergang nicht mehr unmittelbar vor der Tür. Nun trommelt er für Gesundheitsvorsorge. Für den Kampf gegen Hunger, Armut und Leid. Für Technologieoffenheit und nachhaltige Wirtschaft.
Das könnte zukünftig das Bauen von Dämmen statt Windrädern bedeuten. Diesem Pfad folgen unter anderem Großbanken wie BlackRock oder JP Morgan. Shell fördert Erdöl in völlig neuem Ausmaß – einfach weil es gebraucht wird.
Was wäre wenn,…
– … auch Deutschland wieder mehr Umweltschutz statt Klimaangst betrieb?
– … die CO2 Steuer fiele und wir somit die Teuerung von – naja – so ziemlich allem umgehen könnten?
– … Energie wieder bezahlbar wäre und dem flächendeckenden Abbau von Industriearbeitsplätzen dadurch Einhalt geboten werden würde?
– … Unsere brav antrainierte Flugscham wegfiele und wir die Welt entdecken könnten.
„Und Reisen. Und fröhliche Lebensbuntheit. Und famose Kinder. Und ewige Gesundheit. Ja, das möchste!”
Nein, nur ein funktionierendes Gesundheitssystem ohne jährliche Erhöhung der Beiträge bei gleichzeitig sinkender Leistung.
Was wäre wenn? Wie Kurt Tucholsky schon 1927 schrieb, handelt es sich in den kursiven Zeilen um ein Ideal. Nichts, was ein halbwegs normaler junger Mensch heute tatsächlich anstrebt oder für realistisch hält. Aber ein Teil vom Kuchen. Ein Stückchen, bestehend aus genügend Wohnraum und Zukunftschancen ohne permanente Panik vor dem Weltuntergang.
„Ja, das möchste.“
Eine moderne Umweltpolitik ohne Ideologie. Den Abbau der überbordenden Bürokratie mit Luft für Kreativität und keinen übergriffigen Staat, der vorschreibt, ob ich heute Abend Insekten statt Steak esse. Zurück zur CO2-neutralen Atomkraft, wie fast alle unsere Nachbarländer.
Aber schon hebt UN-Generalsekretär Antonio Guterres den warnenden Zeigefinger und beschwört erneut den Klimakollaps. Besonders in der Pflicht zur Reduktion der Emissionen seien dabei die G20 Staaten.
Also bleibt das wohl ein Wunschtraum. Ein „Was wäre, wenn?“.
„Etwas ist immer. Tröste dich. Jedes Glück hat einen kleinen Stich. Wir möchten so viel: Haben. Sein. Und gelten. Daß einer alles hat: das ist selten.“
Ich hoffe weiter auf das kleine Glück. Schönes Wochenende!
Alexa Gräf
Redakteurin Courage


