Auf der Weltklimakonferenz erhöht sich im Streit um Billionenhilfen der Druck auf Industriestaaten wie Deutschland. Gleich mehrere Staatengruppen – darunter die afrikanischen Länder, Inselstaaten und die am wenigsten entwickelten Länder – lehnen den aktuellen Entwurf für eine Abschlusserklärung ab und fordern ehrgeizigere Beschlüsse zu Hilfsgeldern in den kommenden Jahren.
Aktivistinnen und Aktivisten zogen am späten Abend mit erhobenen, überkreuzten Armen durch die Konferenzhallen – als Zeichen des Protests.
250 Milliarden US-Dollar als Summe im Text
Zentraler Streitpunkt ist, wie stark die Finanzflüsse an Entwicklungsländer aufgestockt werden. Die Präsidentschaft schlug vor, dass vor allem die Industriestaaten bis 2035 jährlich 250 Milliarden US-Dollar für Klimaschutz und Anpassung an Klimafolgen für ärmere Länder mobilisieren – das wären zwar etwa 2,5 Mal mehr, als jetzt fließt. Allerdings steigt auch der Bedarf erheblich, von einem Inflationsausgleich ganz zu schweigen.
Die Inselstaaten appellierten daraufhin «an das moralische Gewissen derer, die sich als unsere Partner verstehen, uns beizustehen.» Außenministerin Annalena Baerbock verhandelte am Abend unter anderem mit den Inselstaaten, wie es aus Delegationskreisen hieß. Die Grünen-Politikerin hatte zuvor jedoch auch betont, man könne keine «ungedeckten Schecks» unterschreiben.
Thunberg hält UN-Prozess für gescheitert
Dutzende Entwicklungsstaaten hatten vehement Gelder in Billionenhöhe gefordert. Auch eine unabhängige UN-Expertengruppe kommt zu dem Schluss, dass der Bedarf an externer Hilfe bis 2030 rund 1.000 Milliarden US-Dollar pro Jahr beträgt – und sogar 1.300 Milliarden bis 2035.
Als Gesamtziel wird in dem fünfseitigen Textentwurf die Summe von mindestens 1,3 Billionen Dollar genannt, wobei auch Entwicklungsbanken und private Geldquellen eine wichtige Rolle spielen sollen – sowie weitere Geberländer.
Eigentlich hätte die zweiwöchige Konferenz mit Zehntausenden Delegierten am Freitag enden sollen, stattdessen verlängerte sie sich in die Nacht. Greta Thunberg, Initiatorin von Fridays for Future und einstige Ikone der Klima-Bewegung, bezeichnete die Klimakonferenz noch vor ihrem Ende als gescheitert. Die Konferenz beweise wieder einmal, dass der UN-Prozess zum Scheitern verurteilt sei, da er «auf einem System der Ungerechtigkeit» aufbaue und aktuelle sowie künftige Generationen zugunsten von Profiten opfere.
Baerbock machte am Freitagabend trotz intensiver Verhandlungen auf die prekäre Menschenrechtslage in Aserbaidschan aufmerksam. Wie es aus Kreisen der deutschen Delegation hieß, traf sie Medienschaffende und Menschenrechtler in Aserbaidschan, die staatlichen Repressionen ausgesetzt sind. (dpa/wr)