Politisch brisante Lovestory: «Was von der Liebe bleibt»

Die Liebesgeschichte von Ilyas (Serkan Kaya) und Yasemin (Seyneb Saleh) wird in Rückblenden erzählt.
Die Liebesgeschichte von Ilyas (Serkan Kaya) und Yasemin (Seyneb Saleh) wird in Rückblenden erzählt. Foto: Erik Molberg Hansen/Filmwelt/dpa
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Horror statt Happy End: Yasemin betreibt mit ihrem Mann Ilyas erfolgreich ein Café in Berlin. Als sie ermordet wird, drängen sich brennende Fragen auf – private und politische.

Ein Mord trennt Yasemin (Seyneb Saleh) und Ilyas (Serkan Kaya). Viele Jahre des Glücks zerbersten. Trauer und Angst werden verstärkt, weil der Verdacht auftaucht, Yasemin habe ein Doppelleben geführt. Die politisch interessierte Kurdin soll die von vielen Staaten und Institutionen als terroristisch eingestufte kurdische Arbeiterpartei PKK unterstützt haben. Kannte Ilyas seine Frau und Mutter der gemeinsamen Tochter Senna (Amira Demirkiran) nicht wirklich? Oder sind die Ermittlungen der Polizei die Folge rassistischer Vorurteile?

Der deutsch-indische Autor und Regisseur Kanwal Sethi («Fernes Land») lässt Ilyas und mit ihm das Publikum lange im Unklaren. Sind die bohrenden Fragen der Polizei berechtigt? Oder basieren die Ermittlungen vor allem auf latentem Ausländerhass? Ilyas, Deutscher mit türkischen Wurzeln, hat sich stets selbstverständlich als Berliner verstanden. Yasemin meinte durchweg, dass sie trotz ihrer persönlichen und beruflichen Erfolge in Deutschland immer Menschen zweiter Klasse wären. Hat sie recht gehabt?

Vergangenheit und Gegenwart

Der Film fesselt mit kraftvoller Spannung und emotionaler Intensität. Die in Rückblenden erzählte Liebesgeschichte der Café-Besitzer Yasemin und Ilyas und die Ereignisse nach dem Mord sind klug miteinander verknüpft. Ursprünglich wollte Kanwal Sethi einen Spielfilm über die Untaten des rechtsterroristischen «Nationalsozialistischen Untergrunds» (NSU) drehen. Klugerweise hat er sich dafür entschieden, wirkungsvoll die Verknüpfung von Privatem und Politischem anhand einer tragischen Lovestory zu spiegeln.

Das von Seyneb Saleh («Toubab») und Serkan Kaya («Der Pfau») angeführte Schauspielensemble fesselt durchgehend. Die Akteure setzen überwiegend auf kleine, verhaltene Gesten und erzielen damit größtmögliche Wirkung. Das entspricht der sensiblen Inszenierung. Serkan Kaya wurde im März beim 28. Filmfestival Türkei Deutschland in Nürnberg für seine Interpretation des Ilyas als «Bester Hauptdarsteller» ausgezeichnet.

In der deutschen Kinolandschaft gebührt dem auch mit einer originellen Farbdramaturgie begeisternden Spielfilm schon allein deshalb eine Ausnahmeposition, weil er nie vordergründig auf Agitation oder Schwarzweiß-Zeichnung setzt. Erst am Ende wird Kanwal Sethi deutlich: Im Abspann des Dramas heißt es, dass in Deutschland zwischen 1990 und 2022 mindestens 235 Menschen von Rechtsextremisten ermordet wurden – die Bundesregierung jedoch nur 113 Morde als politisch motiviert einstufe.

Was von der Liebe bleibt, Deutschland 2023, 100 Min., FSK ab 12, von Kanwal Sethi, mit Seyneb Saleh, Serkan Kaya

(dpa/cw)

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