Das Auktionshaus spricht von einer Sensation. Ein verschollen geglaubtes Gemälde von Gustav Klimt kommt unter den Hammer. Der Schätzwert liegt bei 30 Millionen bis 50 Millionen Euro.
Eines der letzten Gemälde des Jugendstil-Malers Gustav Klimt kommt heute im Wiener Auktionshaus im Kinsky unter den Hammer. Das auf 1917 datierte «Bildnis Fräulein Lieser» wird auf einen Wert von 30 bis 50 Millionen Euro geschätzt. Das farbenprächtige Porträt galt lange als verschollen. Es sei jahrzehntelang im Verborgenen in österreichischem Privatbesitz gewesen, teilte das Auktionshaus im Vorfeld mit.
Die jetzigen Eigentümer hätten es vor etwa zwei Jahren von entfernten Verwandten geerbt. Die Wiederentdeckung des bedeutenden Damenporträts, das zu den schönsten Werken aus Klimts (1862-1918) letzter Schaffensperiode zähle, sei eine Sensation, hieß es. Das 140 mal 80 Zentimeter große Bild zeigt eine junge Frau in strenger frontaler Haltung vor rotem Hintergrund. Um ihre Schultern liegt ein reich mit Blumen dekorierter Umhang.
Die Familie Lieser als Auftraggeber des Porträts gehörte zum vermögenden Wiener Großbürgertum. Die Industriellenfamilie wurde später in der NS-Zeit wegen ihrer jüdischen Abstammung verfolgt. Laut dem Auktionshaus liegen nach intensiver Recherche keine Beweise vor, dass das Gemälde damals beschlagnahmt wurde.
Wurde das Gemälde in der NS-Zeit geraubt?
«Umgekehrt wurden aber auch keine Beweise gefunden, dass das Gemälde in der Zeit zwischen 1938 und 1945 nicht geraubt wurde», hieß es in einem Online-Video zur Versteigerung. Deshalb wurde eine Vereinbarung zwischen den derzeitigen Eigentümern und Nachkommen der Familie Lieser getroffen, wonach die Ansprüche der Familie aus dem Erlös der Auktion abgegolten werden. Details zur Übereinkunft wurden nicht bekannt gegeben.
Klimt dürfte im Mai 1917 mit dem Bild begonnen haben, wie der gut dokumentierte Schaffensprozess nahelegt. Die Dargestellte – es ist unklar, welches Mitglied der Familie das Motiv zeigt – habe ihn neunmal in seinem Atelier besucht. Es seien 25 Vorstudien entstanden, so das Auktionshaus.
Klimt starb kurz vor Fertigstellung
Als der Maler im Februar 1918 an den Folgen eines Schlaganfalls starb, war das Werk in geringen Teilen nicht vollendet. «Die Tatsache, dass dieses Bild nicht von Klimt signiert wurde, zeigt, dass er selbst das Porträt noch nicht als fertiggestellt ansah», heißt es in der Werkbeschreibung.
Klimt habe 1918 mit rund 15.000 Kronen als Lohn rechnen können. Dieser für ein Werk des Künstlers durchaus typische Betrag entspreche ungefähr einem Drittel des damaligen Werts einer Villa im Salzkammergut, hieß es.
Dass das Porträt nicht in London oder New York versteigert werde, sondern vom ungleich kleineren Wiener Auktionshaus im Kinsky, sei auf dessen langjährige Erfahrung mit Werken Klimts und auf dessen Kompetenz im Umgang mit sogenannten Raubkunst-Fällen, also mit Kunstwerken, die während der NS-Zeit beschlagnahmt und entzogen wurden, zurückzuführen, so das Auktionshaus. (dpa/ag)