von Christian Steiger, Geschäftsführer von Lexware und Gründer von Lexoffice
Die Bundesregierung hat am 9. November 2023 ein Strompreispaket angekündigt, das Unternehmen im produzierenden Gewerbe in den nächsten fünf Jahren entlasten soll. Christian Steiger ist jedoch der Meinung, dass diese Maßnahme gerade den Solo-Selbstständigen, Kleinst- und Kleinunternehmen nicht die nötige Plansicherheit bringen, die sie jetzt brauchen – und daher keine langfristige Entlastung erzielen. Ein Gastkommentar.
In den letzten Jahren haben zahlreiche Krisen unsere Unternehmen in Deutschland stark getroffen – insbesondere jedoch die Solo-Selbstständigen, Kleinst-, und Kleinunternehmen, deren Sorgen und Bedürfnisse in der Politik oft auf taube Ohren stoßen. Dabei sind das genau diejenigen, die ein wesentlicher Anker unserer Wirtschaft sind. Wir reden hier von über 3,8 Millionen Unternehmen mit unter 50 Mitarbeitenden (KKU), die 12,5 Millionen Menschen beschäftigen. Sie machen über 97 Prozent aller Unternehmen aus – sozusagen das größte Unternehmen des Landes. Und doch sind die Energiekrise und deren Auswirkungen auf die vermeintlich „Kleinen“ in den letzten Monaten zunehmend in den Hintergrund gerückt. Wie kann das sein?
Zwar hat die Bundesregierung nun immerhin ein Strompreispaket für alle Unternehmen des produzierenden Gewerbes angekündigt – das schließt auch die kleinen Unternehmen mit ein. Hier reden wir von über 243.000 KKU aus der Branche „verarbeitendes Gewerbe“, zu denen auch Bäcker, Handwerker und andere energieintensive Tätigkeiten gehören. Doch was nun als großer Erfolg gefeiert wird, verdient eine kritische Betrachtung. Denn: Die Steuersenkung verringert einerseits die Anreize, Strom zu sparen und in nachhaltige Energien zu investieren – auf Kosten der Steuerzahler:innen. Und auch die dringend nötige Planungssicherheit ist fraglich: Zunächst gilt die Maßnahme nur für zwei Jahre und nicht fünf, wie von der Regierung verkündet. Die Verlängerung über 2025 hinaus hängt nämlich von einer Gegenfinanzierung im Bundeshaushalt ab – und wer weiß, wie es in ein paar Jahren um diesen bestellt ist. Das reicht keinesfalls aus, um den Betrieben die versprochene Planungssicherheit zu bieten.
Ein ähnliches Beispiel ist die Verlängerung der Energiepreisbremsen, die Sicherheit auch für kleine und mittelständische Unternehmen geben sollen. Doch so hoch wie die Preisbremsen angesetzt sind, sind sie wenig hilfreich: Unter unseren Lexware-Kund:innen sehen wir zum Beispiel, dass der grundsätzliche Ansatz der Preisbremsen zwar immerhin bei der Hälfte gut ankommt, doch 32 Prozent der kleinen Unternehmen berichten, dass die Preisbremsen für Strom, Gas oder gar beides zu hoch angesetzt sind, um ihnen wirkliche Unterstützung zu bieten*.
Skurril wird es, wenn man die Pläne der Regierung hinzuzieht, die Mehrwertsteuer für Gas im nächsten Jahr wieder auf 19 Prozent anzuheben. Was KKUs und KMUs hierdurch droht, ist absoluter Bürokratiewahnsinn statt wirksamen Erleichterungen!
Mein Fazit: Für Selbstständige gilt leider weiterhin: Entlastungs-Maßnahmen sind nicht auf sie zugeschnitten, ihre Bedürfnisse nach Planungssicherheit und Erleichterungen bleiben wieder einmal im Hintertreffen. Das Rückgrat der deutschen Wirtschaft wird von politischen Maßnahmen allenfalls abgespeist statt ernstgenommen, mitgezogen statt mitgedacht und bleibt auf sich allein gestellt.
Bedenkt man, dass die 3,8 Millionen Solo-Selbstständigen, Kleinst-, Klein und mittleren Unternehmen in unserem Land mehr als 12 Millionen Mitarbeiter:innen beschäftigen, wird deutlich, wie essentiell diese Unternehmen für die deutsche Wirtschaft sind. Und ohne eine langfristige Perspektive und neue Impulse, die Mut und das kleine und mittelständische Unternehmertum attraktiv machen, droht diese Wirtschaft einzustürzen. Was die kleinen nun von der Politik brauchen ist der Abbau von Bürokratie und vor allem unkomplizierte finanzielle Hilfen – das wünscht sich beispielsweise die Hälfte der befragten Lexware-Kund:innen. Die geplante Abschaffung von 80 Belegpflichten für Unternehmen sendet hier immerhin ein positives Signal, allerdings sind auch noch viele offene Fragen zu klären, bevor abzusehen ist, ob diese Maßnahme wirklich Entlastung für unsere Selbstständigen bringt. Auch weitere Förderungsmöglichkeiten für Neuinvestitionen zur Energieeinsparung sind gefragte Lösungen (36 Prozent). Um den Wirtschaftsstandort Deutschland aufrecht zu erhalten, muss der Staat endlich auch „den Kleinen“ Gehör geben und ihnen passgenaue, langfristige Lösungen liefern – keine planlosen Einzelmaßnahmen, die mehr Kosten als Nutzen verursachen!
*Die Zahlen stammen aus einer Umfrage, die Lexware im Zeitraum vom 15. bis zum 25. September 2023 durchgeführt hat. Dabei wurden 2.2663 seiner Kundinnen und Kunden per Online-Fragebogen zu den Belastungen und Folgen der Energiekrise befragt.